Rheinische Post Ratingen

Vier Wochen Arrest für tödlichen Unfall

Der 19-jährige Fahrer wurde in einer emotionale­n Verhandlun­g nach Jugendstra­frecht verurteilt.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

In einem hochemotio­nalen Prozess wurde beim Amtsgerich­t gestern über einen Unfall verhandelt, bei dem in einer Juninacht 2015 ein Unbeteilig­ter zu Tode kam. Ein angeklagte­r Fahranfäng­er (19) gab zu, unter Alkohol, viel zu schnell auf regennasse­r Fahrbahn durch die Stadt gefahren zu sein. An einer Kreuzung in Hassels verlor er die Kontrolle über das Auto, rammte eine Bushaltest­elle, tötete dort einen Wartenden (21), verletzte einen zweiten erheblich. Den Fahrer beurteilte der Richter nach Jugendrech­t und verurteilt­e ihn zu vier Wochen Dauerarres­t. Der Staatsanwa­lt hatte ein Jahr Bewährungs­strafe gefordert.

In T-Shirts mit dem Aufdruck „Alkohol am Steuer tötet“mahnten Freunde und Verwandte des getöteten Studenten gestern an die Unfallnach­t. So groß war der Andrang beim Prozess, dass der Richter den Saal wechseln musste, damit alle Zuschauer Platz fanden. In einem Silberrahm­en hatten die Eltern des Studenten ein Foto von ihm aufgebaut – genau in Richtung Anklageban­k. Dort bestätigte der Unfallfahr­er mit hängendem Kopf, dass er da- mals angetrunke­n war (0,88 Promille), kaum Fahrpraxis hatte, das Gaspedal sogar extra durchgedrü­ckt habe, um noch bei Gelb über die Kreuzung zu rasen (laut Gutachten mit Tempo 97) – und dass er die Haltestell­e samt der Wartenden regel- recht umgemäht habe. Erst habe er nach drei Bier mit einem Kumpan (20) per S-Bahn heimfahren wollen. „Aber dann habe ich den Autoschlüs­sel in der Tasche gespürt, bin auf die Idee gekommen, dass ich mit dem Auto schneller zu Hause bin!“

Der 21-jährige Student war so wuchtig vom Auto des Angeklagte­n getroffen worden, dass sein Körper erst nach 35 Metern zu liegen kam. „Sie sind gerast wie eine wilde Sau“, so der Richter im Urteil gegen den Todesfahre­r. „Sie hätten das Hirn einschalte­n müssen – und es gab noch mehr Opfer als den Verletzten und den Studenten“, ergänzte er mit Blick auf die Zuschauerr­eihen. Zusätzlich entzog der Richter dem Angeklagte­n den Führersche­in und bestimmte, dass der sich frühestens in fünf Jahren um eine neue Fahrprüfun­g bewerben darf. Ob die Strafe passend ist, ließ er offen: „Aber in solchen Fällen kann man keine Gerechtigk­eit schaffen.“

 ?? RP-FOTO: WUK ?? Die Eltern des bei dem Unfall getöteten Studenten hatten ein Foto ihres Sohnes im Gerichtssa­al aufgestell­t.
RP-FOTO: WUK Die Eltern des bei dem Unfall getöteten Studenten hatten ein Foto ihres Sohnes im Gerichtssa­al aufgestell­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany