Viele Düsseldorfer Einzelhändler setzen sich sehr für die Entwicklung ihres Stadtteils ein. Und sie machen sich dafür stark, dass die Menschen weiterhin in ihrer Nachbarschaft einkaufen, aber auch gemeinsam Feste und Veranstaltungen erleben können.
Elmar Fedderke ist einer von drei Geschäftsführern von Küchen und Geräte Walgenbach in Düsseldorf-Eller. Er setzt auf die Internetpräsenz des inhabergeführten, über 70 Jahre alten Geschäfts: Er hält eine Digitalisierungsstrategie für jeden Unternehmer für verpflichtend: „Digitalisierung fängt bei der Warenwirtschaft an, beinhaltet aber auch beispielsweise die Einbindung von Bildschirmen und PCs in den Verkaufsraum, genauso wie die Online-Kommunikation mit den Kunden.“Eine eigene Homepage ist ein klares „Muss“, wobei Instrumente wie Facebook, Cross-ChannelServices oder auch BuisnessView ausprobiert werden sollten“, meint Fedderke. „Genau auf dieser Entwicklungslinie bewegen wir uns – denn: Die beste Chance, einen Internetaffinen Kunden zu verlieren, ist, nicht im Internet aufzutauchen.“
Gleichzeitig ist Walgenbach Mitglied der Werbegemeinschaft Eller und beteiligt sich an Straßenfesten und Aktionen. Und die Firma macht sich in der bundesweiten „buy local“-Initiative stark. So erklärt sie etwa in einer Plakataktion ihren Kunden, warum es Sinn macht, sich von ausgebildeten Verkäufern beraten zu lassen statt beispielsweise von Bloggern, bei denen man nicht weiß, wie sie zu ihren Aussagen und Bewertungen gekommen sind. Nur lokale Kaufleute, wirbt die Initiative, schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze, zahlen vor Ort Steuern und beteiligen sich so an der Mitfinanzierung von Schulen, Kindergärten, Kunst und Kultur.
Michael Makoschey ist Vorsitzender von „Wir in Wersten“. Die Werbegemeinschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Zusammenhalt innerhalb des Stadtteils zu fördern. Und natürlich auch, potenzielle Kunden aus anderen Stadtteilen nach Wersten zu locken. Mit Aktionen, die über den eigenen Stadtteil hinausstrahlen. Gerade hat sie wieder das beliebte Osterfeuer organi- siert, und erst am vergangenen Freitag fand zum achten Mal die „Werstenrallye“statt, bei der Kinder im Stadtteil spielerisch einen großen Teil der „Notinseln“im Stadtteil kennenlernen können. Das Notinsel-Projekt der Stiftung „Hänsel + Gretel“schafft für Kinder Fluchtpunkte – eben die Notinseln –, an denen sie bei Gefahr sofort Hilfe bekommen. 24 lokale Betriebe, leicht am Notinsel-Logo zu erkennen, machen in Wersten mit – und setzen so auch ein Zeichen für Nachbarschaftlichkeit und Zivilcourage.
Das Angebot an Geschäften in Wersten, die sich vornehmlich entlang der Kölner Landstraße aufreihen, ist gut, auch über den täglichen Bedarf hinaus. Aber die Herausforderung, gerade in Zeiten des Internethandels einen attraktiven Branchenmix zu bieten, bleibt, sagt Makoschey. Wobei die Werstener auch kreativ gegen Leerstand vorgehen: In der ehemaligen Ring-Apotheke stellt der Düsseldorfer Künstlerkreis „Spektrum 76“aus. Ti- tel: „Kunst im Leerstand“. Dennoch: Gemeinsamkeit herzustellen, gemeinsam den Stadtteil weiterzuentwickeln, ist nicht immer leicht. Vielleicht, meint Makoschey, wäre ein City-Manager, der sich um die Belange der einzelnen Stadtteile kümmert und sie koordiniert, eine gute Lösung für die Stadt.
Es gibt einige Initiativen in Düsseldorf, die die alte und die neue Einkaufswelt miteinander verbinden. So unterhält die Werbegemeinschaft Flingern den Blog flingern.net, der nicht nur erklärt, wo Flingern eigentlich liegt, sondern auch auf einer Karte anschaulich zeigt, wo welche Geschäfte zu finden sind. Und der immer wieder Neues aus Flingern berichtet. Das stärkt auch das Wir-Gefühl rund um Birkenund Ackerstraße, meint Bernd Mathea, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft.
Zu berichten gibt es viel aus dem trendigen Stadtteil mit seinen vielen Läden, den Galerien, den Kneipen und Restaurants, der sich längst zum Sze- neviertel entwickelt hat. Gar nicht so einfach für Mathea, all die Individualisten unter einen Hut zu kriegen. Aber es hat sich herumgesprochen, dass gemeinsame Aktionen Erfolg haben, beispielsweise bei der Stadtteilparty „Flingern at Night“oder beim Einkaufsevent „Flingern rollt den roten Teppich aus“. Und selbst im Szeneviertel ist Aufenthaltsqualität wichtig; was man allein schon am Umbau der Birkenstraße sieht. Auch um das Straßenbild kümmert sich die Interessengemeinschaft, bei- spielsweise, wenn es darum geht, mit hübschen Pflanzenkübeln den Stadtteil zu begrünen. Oder mit der Weihnachtsbeleuchtung Stimmung zu schaffen. Die Interessengemeinschaft engagiert sich aber auch sehr in der Standortentwicklung. Mathea ist ein kompetenter Ansprechpartner, wenn wieder ein Individualist ein Ladenlokal für sein Geschäft in Flingern sucht. „Wir sind immer wieder mit den Immobilienbesitzern im Gespräch. Ich weiß, wo und wann etwas frei wird.“ (ilp) Die Aktionsgemeinschaft Benrath besteht bereits seit 25 Jahren. Über 70 lokale Einzelhändler, Handwerker und Kunden sind in ihr organisiert. „Das Internet gehört, gerade für die jüngere Generation, dazu“, sagt Melina Schulze. Sie findet es in Ordnung, sperrige Gegenstände, etwa eine Kinderrutsche, im Internet zu bestellen. Auch Waren, die man in seiner Umgebung nicht bekommt, sollen sich die Kunden ruhig im Netz bestellen. „Wenn allerdings nur noch online eingekauft wird, geht der lokale Einzelhandel kaputt.“Die Folge: „Wenn es ihn nicht mehr gibt, bekommt man nicht mehr auf die Schnelle Toilettenpapier, Babynahrung, ein schönes Kleid oder ein Buch.“Arbeits- und Ausbildungsplätze gingen verloren und viele soziale Kontakte. „Der Mensch braucht Kommunikation und Bewegung in seinem Viertel.“
Die Aktionsgemeinschaft tut einiges, um ihre Kunden zu halten: „Wir haben die Benrath Card ins Leben gerufen. Kunden erhalten mit ihr Prozente beim Einkauf, ähnlich wie bei Paypal.“Viele Unternehmer führen Kundenkarteien, um immer wieder mit Kleinigkeiten zu überraschen. Es gibt Präsentationsabende wie „Benrath rollt den roten Teppich aus“mit Prozenten, Prä- senten und Leckereien. „Wir öffnen zweimal im Jahr zu unseren Stadtteilfesten sonntags die Geschäfte, um dem Bürger ein Rundherum-Sorglospaket zu bieten. Wir verbinden Einkaufen, Kultur, Sport, Kreativität und Erlebnis.“
Schulze erwartet „eine klare Stadtteilstärkung und Unterstützung der Werbegemeinschaften“. Bisher komme von der Stadt und von Oberbürgermeister Thomas Geisel viel zu wenig. Die Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft ist in Benrath geboren und glaubt an die Zukunft des Standorts. Er ist ein lebendiger und aktiver Stadtteil für alle Generationen: „Durch die inhabergeführten Betriebe lebt bei uns die Individualität und die Liebe zum Detail. Das unterscheidet uns von Großkonzernen und Vertriebsketten. Wer das zu schätzen weiß, der wird dieses Gut weiterhin am Leben erhalten. Wenn diese Kultur ausstirbt, dann stirbt der Rest mit.“
Im Düsseldorfer Süden arbeiten die Werbegemeinschaften eng zusammen, vor allem Benrath, Eller und Wersten. Es gibt auch eine gemeinsame Internetpräsenz auf „im-suedenviel-neues.de. Die Benrather Aktionsgemeinschaft tauscht sich auch mit den Gemeinschaften der Loretto- und der Nordstraße aus.