Am Runden Tisch der Rheinischen Post diskutierten Fachleute über die Zukunft des Einzelhandels in Zeiten des Internet-Shoppings.
Die Rheinische Post und die Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf hatten zum Runden Tisch unter dem Titel „Lokal shoppen“ins Verlagshaus nach DüsseldorfHeerdt geladen, um mit Einzelhändlern, Vertretern von Werbegemeinschaften, Projektentwicklern und Beratungsunternehmern darüber zu diskutieren, wie es um den lokalen Handel bestellt ist, wenn heute jedermann online bequem rund um die Uhr vom heimischen Sofa aus einkaufen kann. RP-Redakteur Christian Herrendorf und IHK-Geschäftsführer Dr. Ulrich Biedendorf moderierten die Runde. Welche Bedeutung hat also ein funktionierender Handel für einen Stadtteil, fragte Biedendorf – und gibt es Konzepte, die man von einem Stadtteil in den anderen tragen kann?
Frank Hermsen (Altstadtmarketing) räumte ein, dass der Online-Handel Auswirkungen auch auf den Einzelhandel vor Ort hat. Aber: „Der lokale Handel hat ja auch seine Vorteile: Den Spaßfaktor, den ein Einkaufserlebnis macht.“Denn im lokalen Einzelhandel geht es längst nicht nur um den Tausch Geld gegen Ware, wie Elmar Fedderke (Walgenbach) bemerkte. Der Handel schafft auch sichere, faire Ausbildungs- und Arbeitsplätze, generiert Steuern und Abgaben, die wiederum in Schulen, Kindergärten und weitere Infra- struktur vor Ort fließen. „Und es ist immer ein persönlicher Ansprechpartner vor Ort, ein Mensch aus Fleisch und Blut. Das alles kauft der Kunde vor Ort mit ein“.
Die Grafikerin Christina Dehn (Loretto 360°) meinte ebenfalls, das Gespräch mit dem Kunden, der Klön vor der Ladentheke, gehöre zur Einkaufskultur. Aber es sei auch wichtig, attraktiv zu bleiben – und mit spannenden Events Leute in den Laden zu holen, die sonst vielleicht nicht hereingekommen wären. Allerdings fehlt es mitunter an der Motivation, sich für die nächste Veranstaltung zu engagieren, wenn der Umsatz bei der letzten unter den Erwartungen blieb. Auch Bernd Mathea (Interessengemeinschaft Flingern) räumte ein, dass es nicht immer leicht sei, die verschiedenen Interessen in einem Stadtteil unter einen Hut zu bringen. Dennoch seien gemeinsame Veranstaltungen wichtig. Das sieht auch Robert Sonnenberger (Werbegemeinschaft Nördliche Innenstadt) so: „Ich brauche keine 20 Millionen Online-Kunden, sondern 20 bis 200 Kunden, die wiederkommen – die tragen mein Geschäft.“Und deshalb sei es wichtig, Erlebnisse zu schaffen, mit Events Leute in den Laden zu holen, ihnen das Sortiment vorzustellen und sie für Produkte und Dienstleistungen zu begeistern. „Wer das nicht schafft, hat ein Problem.“Melina Schulze (Aktionsgemeinschaft Benrath) ergänzte: „Kunden wollen beraten werden – auch wenn sie den Einkauf vielleicht nur zwischendurch erledigen, zum Beispiel auf dem Weg vom Kindergarten ins Büro. Und Kunden wollen keine toten Fußgängerzonen und Einkaufspassagen, sondern Leben. In Benrath mit seinen vielen inhabergeführten Geschäften können wir auch viele Aktionen durchführen, das ist ein Glück.“
Ulrich Biedendorf lenkte den Blick auf die Innenstadt, wo die Situation für den Einzelhandel eine andere ist als in den Stadtteilen. Dem pflichtete Thomas Görner (Foto Koch, Schadowstraße) bei: Mancher scheue den Einkauf in der Innenstadt, weil am Samstag halt viel los und am Sonntag geschlossen sei. Dazu die Parkplatzsuche ... Es fehlten Annehmlichkeiten wie „eine Paketstation für die Schadowstraße, an der Kunden abends noch Pakete abholen können!“Harald Feit (Centermanager Schadow Arkaden): „Die Citylogistik ist ein wichtiges Zukunftsthema. Innenstädte müssen funktionabel gehalten werden.“Park- und Ladeplätze für Elektro-Autos etwa würden zwar schon heute angeboten, ein Ausbau sei aber nur begrenzt möglich. Und wenn beispielsweise der Dieselverkehr aus der Innenstadt verbannt eine Customer Journey mit Facebook, App und Instagram, die an die heutigen Bedingungen angepasst ist.“Kunden wollen Erlebnisshopping, „Wir haben uns mit den Kunden verändert und angepasst.“Fahrradstellplätze sind heute genauso selbstverständlich wie Handyladestationen oder ein Food-Court nebst Außenterrasse.
Ruth Benninghoven (Altstadt Marketing) betonte, dass Internet und Handel zusammengehen können: Geschäfte haben eigene Blogs, die Carlstadt hat ihre eigene Website, aber „wir veranstalten eben auch stadteilbezogene Events vom Carlstadtfest bis zur Ostereiersuche.“Der Stadtteil bleibt so im Gespräch und zieht Menschen auch von außerhalb an. Sven Schulte (IHK) wies noch auf einen anderen Aspekt hin: Menschen per Infrastruktur in die Läden zu holen – etwa mit Fahrradstraßen, Bike-Parkplätzen und CarSharing. „Die Digitalisierung wird unser Bewusstsein verändern“, sagte Dr. Wolfgang R. Bays (Brune Consulting). Die App ist der Marktplatz der Zukunft. Um den Stadtraum attraktiv zu halten, müsse er bewusst gestaltet werden. Dafür brauche es intelligente Ansätze. Die Stadtteile seien prädestiniert als Bühne für ein kommunikatives Erlebnis, auf der Kunden und Händler gemeinsam agieren. Bays: „Aber das entsteht nicht aus Zufall: Stadträume müssen gemanagt werden“. Florian Schiffer (Mavis) plädierte für eine gemeinsame Strategie von Handel und Stadt. „Früher musste der Kunde in die Stadt gehen, wenn er einkaufen wollte – das ist heute nicht mehr so. Die Konsequenz daraus ist: Man muss den Kunden für sich einnehmen. Erlebnisse schaffen, die Begeisterung wecken. Damit bekommt und erhält man die Loyalität des Kunden, was schließlich zu Wachstum führt. Letztlich geht es darum, für Kunden relevant, wichtig zu sein. Man kann seine Kunden ja auch ganz einfach mal fragen: ,Wie kann ich es besser machen? Welchen Mehrwert kann ich bieten?’“
Ralf Hansen (Werbegemeinschaft Eller) meinte: „Wir als Werbegemeinschaft machen viel für die Stadtteilentwicklung.“Bei Veranstaltungen komme möglichst viel aus dem Stadtteil selbst – von Händlern, Gastronomen, Vereinen. Das ließe die Menschen zusammenwachsen. Und Hansen gab ein Beispiel, wie sich lokaler Handel und digitale Gegenwart ergänzen: Website und Facebookseite der Werbegemeinschaft werden schon regelmäßig mit Nachrichten und Terminen gefüttert. Jetzt gibt es obendrein die Eller-Äpp für Smartphones. Das meldet nun klingelnd und vibrierend, dass es was Neues aus Eller gibt. jme