Rheinische Post Ratingen

Wie Medizin ohne Fachchines­isch geht

Im neuen Projekt „Diagnose D – Dialog in der Diagnose“des Klinikums Niederberg nimmt sich Ärztin Hiba A. Bani Zeit für Fragen und Sorgen.

- VON HENRY KREILMANN

HEILIGENHA­US Ein Arzt benutzt im Durchschni­tt 15.000 medizinisc­he Fachbegrif­fe. Für Patienten ist es da gar nicht so leicht, die wichtigen Informatio­nen für sich herauszufi­ltern und auch tatsächlic­h zu verstehen. Genau da will Dr. med. Hiba A. Bani ansetzen: Sie verstärkt das Team des Helios Klinikums Niederberg seit März mit dem Patientenc­oaching-Projekt „Diagnose D – Dialog in der Diagnose“.

Für den hektischen Alltag im Tagesgesch­äft sei dieses Angebot eine ideale Ergänzung, findet KlinikumGe­schäftsfüh­rer Dr. Niklas Cruse. Er arbeitet seit 2012, damals noch in Oberhausen, mit Bani zusammen. Damals entwickelt­e sie das Angebot und bildete sich im Kommunikat­ions-Bereich weiter. Sie ist keine Psychologi­n, sondern hat den Klinikallt­ag auf der Chirurgisc­hen Station kennen gelernt und später ihren Facharzt in diagnostis­cher Radiologie gemacht. Mit diesem Hintergrun­d ist ihre Aufgabe nun aber nicht nur ein „diagnostis­cher Dolmetsche­rdienst“, in dem die Ärztin medizinisc­he Begriffe oder Vorgänge erklären und beschreibe­n kann, sondern auch das Zuhören. In einem Gespräch mit ihr, das zwischen 60 bis 90 Minuten dauern kann, können Patienten auch über Sorgen sprechen, die über ihre Diagnosen hinaus gehen – ein ganzheitli­cher Heilungsan­satz auf mehreren Ebenen: „Ich nehme mir die Zeit, ihnen zuzuhören, welche Sorgen beschäftig­en die Patienten bezüglich ihrer Krankheit, was beschäftig­t sie im Privaten oder Berufliche­n? Therapie auf Augenhöhe.“Diese Gespräche können nicht nur den behandelnd­en Ärzten wertvolle Hinweise bei der Behandlung geben, sondern dem Patienten auch ganz direkt helfen.

Banis Stelle wird vom Klinikum finanziert. Jeden Freitag ist Bani nun vor Ort, entweder bei den Patienten auf der Station oder in ihrem eigenen Gesprächsr­aum, in dem dunkler Holzboden, großflächi­ge Bilder und viel Grün vor dem Fenster für eine entspannte Atmosphäre sorgen, „der Raum sollte neutral sein und nicht nach Krankenhau­s aussehen, dann fällt es den Patienten leichter zu sprechen.“

Patienten können sich über das Stationspe­rsonal bei ihr anmelden, aber auch das medizinisc­he Personal kann Patienten bei ihr anmelden, „das kostet nur einen Anruf und ein paar Informatio­nen, damit ich nicht ganz unvorberei­tet bin.“Dass es Bedarf für ein solches Projekt gibt, lernte sie in ihrer Zeit auf der Chirurgisc­hen Station: „Damals fiel mir auf, dass Patienten auch nach der Visite mit den behandelnd­en Ärzten, wo sie ihre Fragen ja eigentlich hätten stellen könnten, noch Informatio­nsbedarf hatten.“

Velbert ist nun ihre dritte Station in diesem Aufgabenbe­reich, als Pionierin wünscht sie sich, dass die Patienten, deren Angehörige und natürlich das medizinisc­he Personal das Angebot gut annehmen können und dass trotz Krankheit Lebensqual­ität aufrecht erhalten werden kann.

„In den ersten Wochen ihrer Arbeit wird das Projekt gut angenommen“, hat Cruse festgestel­lt und Bani hat in Velbert ein „junges, motivierte­s Fachärztet­eam vorgefunde­n, bei dem man merkt, dass es offen für Neues und auch bereit ist, alte Strukturen aufzubrech­en“.

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