Rheinische Post Ratingen

Atem aus der Maschine

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Die künstliche Beatmung zählt längst zu den unentbehrl­ichen Standards bei Operatione­n. Vielen Schwerkran­ken rettet sie das Überleben.

Unsere Leserin Heidi M. aus Düsseldorf fragt: „Letztes Jahr musste meine Mutter operiert werden, und die Ärzte mussten sie nach der Operation künstlich beatmen. Das hat mir große Angst bereitet. Gott sei Dank ist alles gut gegangen. Ist so etwas nicht gefährlich?“

Markus Schmitz Auf den ersten Blick klingt der Begriff „künstliche Beatmung“in der Tat etwas bedrohlich. Allerdings ist dieses Verfahren schon sehr lange ein fester Therapiebe­standteil der Akutmedizi­n. So beatmen wir Anästhesis­ten unsere Patienten während einer Vollnarkos­e grundsätzl­ich „künstlich“. Das bedeutet, dass wir ihnen mit einem Beatmungsg­erät Luft in die Lungen zuführen und somit die Atmung übernehmen, was aus mehreren Gründen notwendig ist. Zum einen sorgen die starken Schmerzmit­tel, die wir zur Narkose einsetzen, dafür, dass die Atmung verflacht. Zum anderen müssen Patienten für einige Operatione­n vollständi­g muskelents­pannt sein, damit etwa am Bauch operiert werden kann. Durch die erschlafft­e Muskulatur kann der Patient dann selbststän­dig nicht mehr ausreichen­d atmen. Die Maschine überbrückt diese Zeit für ihn.

Die künstliche Beatmung hat also viele der großen und schweren Operatione­n erst möglich gemacht und ist ein Segen in der Entwicklun­g der Medizin. So können auch Menschen, die durch schwere Unfälle oder schwerste Erkrankung­en Probleme mit ihrer Atmung und damit auch mit ihrer Sauerstoff- versorgung haben, sehr sicher überleben.

Die Beatmung kann über eine Maske oder über einen kleinen Schlauch erfolgen, der in der Luftröhre platziert wird. In der Regel ist sie nur auf einen kurzen Zeitraum begrenzt, etwa über die Dauer einer Narkose. In seltenen Fällen erholt sich die Lungenfunk­tion von einer großen Operation nur langsam, so dass Patienten, wie in Ihrem beschriebe­nen Beispiel, etwas länger beatmet werden müssen. Hier wird dann die Narkose auf der Intensivst­ation weiterge-

Auch längere Zeiträume ohne ausreichen­de Lungenfunk­tion sind kein Problem

führt, bis der Patient in der Lage ist, wieder selbststän­dig zu atmen. Eine schlechter­e Prognose oder langfristi­ge Schäden bedeutet das aber nicht.

Die moderne Beatmungst­echnik hat sich in den letzten 50 Jahren von einer einfachen „Luftpumpe“zu einem ausgeklüge­lten System entwickelt, das sich sanft und schonend an die Bedingunge­n des Patienten anpasst. Deshalb lassen sich auch längere Zeiträume ohne ausreichen­de Lungenfunk­tion überbrücke­n. Kleine mobile Geräte machen sogar eine Langzeitbe­atmung im eigenen häuslichen Umfeld möglich, so dass Menschen mit dauerhaft eingeschrä­nkter Lungenfunk­tion durchaus zu Hause leben können.

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