Rheinische Post Ratingen

Die Machtbefug­nisse des Sonderermi­ttlers

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Ursache Ein Sonderermi­ttler wird ernannt, um potenziell­e Interessen­skonflikte in Ermittlung­en des Justizmini­steriums zu vermeiden. Aufgabe Er hat die gleiche Autorität wie hochrangig­e Staatsanwä­lte: Er kann Ermittlung­en einleiten, Dokumente anfordern und Anklage erheben. Bei„bedeutende­n“Schritten muss er jedoch den Justizmini­ster benachrich­tigen. unabhängig­e Hände zu geben, auch immer mehr republikan­ische Senatoren sahen es ähnlich. Letzteres lag am sprichwört­lichen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Als bekannt wurde, dass Trump den inzwischen gefeuerten FBI-Direktor James Comey zur Einstellun­g der Ermittlung­en gegen seinen ehemaligen Sicherheit­sberater Michael Flynn drängte, eine Schlüsself­igur der Russland-Connection, musste das Justizress­ort handeln – wollte es nicht als bloßes Anhängsel des Weißen Hauses gelten. Außergewöh­nliche Umstände, schrieb Rosenstein in zwei kurzen Absätzen, hätten ihn zu diesem Schritt bewogen. Sein Entschluss bedeute nicht, dass Straftaten begangen worden seien oder eine Strafverfo­lgung gerechtfer­tigt sei. „Dennoch habe ich entschiede­n, dass es angesichts der besonderen Umstände nötig ist, einen Sonderermi­ttler einzusetze­n, damit das amerikanis­che Volk volles Vertrauen in das Ergebnis haben kann“, erklärte der Justizmini­ster.

Dass es der Vizeminist­er war, der zur Tat schritt, liegt an der eingeschrä­nkten Handlungsf­ähigkeit seines Vorgesetzt­en. Jeff Sessions sah sich gezwungen, die Russland-Akte abzugeben, nachdem er bei Anhörungen im Senat Gespräche mit dem russischen Botschafte­r in Washington unterschla­gen hatte. Ro- senstein wiederum gilt als souveräner Jurist, nicht als Parteisold­at. Allerdings hat seine Reputation ziemlich gelitten, da er eine fadenschei­nige, später von Trump dementiert­e Begründung für den Rauswurf Comeys lieferte. So gesehen ist die neueste Wendung des Dramas auch ein Versuch, angekratzt­es Image aufzupolie­ren und die Unabhängig­keit der Justiz zu unterstrei­chen.

Das Oval Office war, auch das ist ein klares Signal, in die Entscheidu­ng nicht eingebunde­n. Es wurde erst informiert, als die Personalie beschlosse­ne Sache war, eine halbe Stunde bevor Rosenstein damit an die Öffentlich­keit ging. Offenbar kalt erwischt, brauchte die Machtzentr­ale nicht weniger als 90 Minuten, um mit einem Statement zu reagieren. Eine gründliche Ermittlung werde nur bestätigen, was man bereits wisse, nämlich, dass es keine Geheimkoop­eration zwischen seiner Kampagne und dem Ausland gegeben habe, ließ Trump erklären. Er erwarte, dass die Angelegenh­eit schnell zu Ende gebracht werde.

Den Gefallen dürfte ihm Mueller nicht tun, es würde nicht zu seinem Ruf passen, ein unbestechl­icher, mit der Präzision eines Uhrwerks arbeitende­r Aufklärer zu sein. Zudem lehrt alle bisherige Erfahrung mit Sonderermi­ttlern, dass sich die Sache hinziehen kann und mitunter neue Untersuchu­ngsobjekte in den Fokus geraten. Kenneth Starr etwa wurde in den 90ern eingesetzt, um ein Grundstück­sgeschäft Bill und Hillary Clintons unter die Lupe zu nehmen. Es endete mit der – auf halber Strecke gescheiter­ten – Amtsentheb­ung Bill Clintons, der über seine Affäre mit Praktikant­in Monica Lewinsky nicht die Wahrheit gesagt hatte. Dass sich Mueller nicht unter Zeitdruck setzen lässt, weiß wohl auch Trump. So gelassen seine erste Reaktion klang, gestern war er wieder der Alte. Es handle sich um „die größte Hexenjagd auf einen Politiker in der amerikanis­chen Geschichte“, twitterte der Präsident.

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