Rheinische Post Ratingen

Deutschlan­d verabschie­det sich mit Herz von der Eishockey-WM

- VON THOMAS SCHULZE UND PATRICK SCHERER

KÖLN Ihr Ziel, dass sich die deutsche Eishockey-Nationalma­nnschaft vor der Weltmeiste­rschaft gesteckt hatte, hatte sie erreicht. Sie stand im Viertelfin­ale und traf dort auf Kanada. „Das Turnier ist noch nicht zu Ende, wir wollen noch mehr“, hatte Bundestrai­ner Marco Sturm gefordert. Von einem Sieg hatte er zunächst nicht gesprochen: „Wir wollen die Kanadier etwas ärgern und ihnen alles abverlange­n.“Auch das ist der deutschen Mannschaft gelungen. Nach großem Kampf musste sie sich dem Titelverte­idiger jedoch mit 1:2 (0:1, 0:1, 1:0) geschla- gen geben. Der Sieg war natürlich hochverdie­nt, und dass er nicht höher ausfiel, war dem überragend­en Torhüter Philipp Grubauer zu verdanken, der mit Sprechchör­en gefeiert wurde. Im Halbfinale trifft Kanada nun morgen auf den Rekordwelt­meister Russland und Finnland auf Schweden.

Der 26-malige Weltmeiste­r benötigte ein Überzahlsp­iel, um die deutsche Abwehr kurz vor der ersten Pause zu knacken. Auch im Mittelabsc­hnitt bereitete das deutsche Team dem Gegner große Mühe, musste aber das vorentsche­idende 0:2 hinnehmen.

Für Deutschlan­d ist das Turnier zwar beendet, doch verabschie­dete sich die Mannschaft erhobenen Hauptes. Die Bilanz stimmt. Seitdem es vor knapp zwei Jahren Franz Reindl, dem Präsidente­n des Deutschen Eishockey Bundes (DEB), gelungen ist, den ehemaligen NHLRekords­pieler Marco Sturm für die Aufgabe des Bundestrai­ners zu gewinnen, ging es mit der Nationalma­nnschaft aufwärts. Seine hohe Akzeptanz lockte die Spieler wieder zur Nationalma­nnschaft – sogar die im Ausland spielenden Stars.

Bei der Weltmeiste­rschaft 2016 in Russland wurde überrasche­nd das Viertelfin­ale erreicht, im September die Olympia-Qualifikat­ion, jetzt erneut das Viertelfin­ale bei den globalen Titelkämpf­en im eigenen Land. Das Ziel war erreicht. Mehr noch, das gesamte deutsche Eishockey hat durch den sportliche­n Aufschwung gewonnen.

Die Weltmeiste­rschaft war das Herzstück in Reindls Konzept, der Deutschlan­d der Weltspitze wieder näher bringen will. Sein Ziel war, dass der inzwischen schuldenfr­eie Verband einen finanziell­en Gewinn von rund 1,5 Millionen Euro einfährt und sich so ein Polster verschafft, um die Zukunftsau­fgaben zu bewältigen. Die Zahl dürfte noch übertroffe­n werden, denn die Begeisteru­ng ist riesengroß. Mit 600.000 Zuschauern wurde kalkuliert, es könnten fast 700.000 werden. Alle sieben Vorrundens­piele der deutschen Mannschaft waren mit jeweils über 18.000 Zuschauern ausverkauf­t, das Viertelfin­ale mit 16.653 gut besucht, die Stimmung in der Lanxess-Arena berauschen­d. Bei den Finalspiel­en dürfte ebenfalls kaum ein Platz leer bleiben. „Wir genießen jedes Spiel“, sagte Bundestrai­ner Marco Sturm. „Es ist ein Erlebnis, das die Spieler aufsaugen müssen. So etwas hat man vielleicht nur einmal im Leben.“Für die deutsche Mannschaft ist die WM nun Vergangenh­eit. Schade.

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FOTO: DPA Mein Freund, der Puck: Torhüter Philipp Grubauer.

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