Rheinische Post Ratingen

Kleiner Knigge für die Konfirmati­on

- VON FRANZISKA HEIN

DÜSSELDORF Neulich im Konfirmati­onsgottesd­ienst: Die Kirche ist glänzend besucht. Das ist schön für die Konfirmand­en, die Familien und Freunde zu ihrem Fest eingeladen haben. Im Gottesdien­st singt ein Gospelchor. Das ist nicht nur feierlich, sondern auch bitter nötig. Denn sonst würde fast niemand mitsingen, obwohl in der Kirche genügend Stimmkraft vorhanden wäre. Doch nach den Stücken, die der Chor alleine singt, wird applaudier­t, als befände man sich statt in einer Kirche in einer musikalisc­hen Aufführung. Plötzlich klingelt irgendwo ein Mobiltelef­on. Der Besitzer kramt nicht etwa hektisch in der Tasche, um das Gerät stumm zu schalten. Nein, er hebt ab und teilt dem Anrufer mit, er befinde sich gerade in der Kirche und müsse kurz vor die Tür gehen, um ungestört zu telefonier­en.

„Viele kennen die Lieder oder das Glaubensbe­kenntnis nicht mehr auswendig“

Pfarrer Heinrich Fucks Evangelisc­he Gemeinde Gerresheim

Überhaupt zücken viele Leute ihr Mobiltelef­on, um Fotos zu machen. Dazu herrscht ein Geraschel und Geraune in den Kirchenbän­ken. Festliche Stimmung kommt dabei kaum auf.

Zur Konfirmati­on und zu Weihnachte­n gehen die meisten Leute in die Kirche. Zum Konfirmati­onsgottesd­ienst kommen aber weit mehr Menschen, die keinen kirchliche­n Hintergrun­d oder Berührungs­punkte zum Gemeindele­ben mehr haben. Die Bereitscha­ft, trotzdem zu kommen, ist etwas Schönes. Sie ist Ausdruck einer besonderen Verbundenh­eit mit den Konfirmand­en.

Aber die zunehmende Entfremdun­g ist dadurch zu spüren, dass sich die Kultur in den Festgottes­diensten in den vergangene­n Jahren verändert hat. Gemeinden müssen viel mehr Rücksicht darauf nehmen, dass sich die Besucher mit der Gottesdien­stordnung nicht mehr auskennen.

Rund 21.000 Jugendlich­e wurden im vergangene­n Jahr in der rheinische­n Landeskirc­he konfirmier­t. Das entspricht einem Drittel aller 14-Jährigen eines Jahrgangs. Sogar 90 Prozent der evangelisc­h getauften 14-Jährigen lassen sich auch konfirmier­en. Dieses Verhältnis bleibt seit etwa drei Jahrzehnte­n gleich, heißt es in einer Handreichu­ng der Landeskirc­he.

Zwischen Palmsonnta­g und Pfingsten finden jedes Jahr die Konfirmati­onen statt. „Konfirmati­on“kommt vom lateinisch­en Wort „confirmare“. Es bedeutet „bekräftige­n“. Mit der Konfirmati­on bestätigt ein Jugendlich­er, dass er zur Kirche Jesu Christi gehören möchte. Er darf außerdem ab dann als vollwertig­es Gemeindegl­ied am Abendmahl teilnehmen, Taufpate und Presbyter werden.

Für viele Familien markiert das Fest aber auch den Zeitpunkt, ab dem ein Jugendlich­er langsam eigenständ­ig wird. Die Familie feiert den Übergang von Kindheit zum Erwachsenw­erden. Die heutige Tradition der Konfirmati­on geht auf den Reformator Martin Bucer (14911551) zurück. Zwar gilt sie in der evangelisc­hen Kirche nicht als Sakrament, sie ist aber eine Amtshandlu­ng von Bedeutung für die Gemeinden.

Entspreche­nd anlassbezo­gen sollten sich die Gottesdien­stbesucher verhalten, findet Heinrich Fucks. Er ist Gemeindepf­arrer in der evangelisc­hen Kirchengem­einde in Düsseldorf-Gerresheim. „Wegen der persönlich­en Beziehung zu den Konfirmand­en benehmen sich viele so, wie es dem besonderen Augenblick gerecht wird.“Er hat selbst erst kürzlich konfirmier­t. Der Gottesdien­st sei wirklich festlich gewesen, auch wenn vereinzelt Leute ständig ihr Mobiltelef­on in der Hand gehalten hätten.

Fucks fällt trotzdem seit vielen Jahren auf, dass Besucher von Konfirmati­onen in vielen Teilen der Liturgie unsicher sind. „Viele kennen etwa das alte Liedgut nicht mehr“, erzählt er. Selbst Schulgotte­sdienstund Konfiunter­richt-Klassiker wie „Lobet den Herren“, „Laudato si“, „Danke“oder „Komm’ sag es allen weiter“, sind vielen nicht mehr bekannt.

Mittlerwei­le findet man auch viel charismati­sches Liedgut aus dem Bereich der christlich­en Popmusik, das ältere Gemeindegl­ieder nicht kennen. „Die Frage ist, wie man mit

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