Rheinische Post Ratingen

P&C warnt vor Verbot der Verkaufsso­nntage

Die scheue Unternehme­rfamilie äußert sich erstmals öffentlich über die Internetst­rategie, Düsseldorf als Heimat und Konkurrent Breuninger.

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Alle reden davon, dass der Internetha­ndel den stationäre­n Handel bedroht und die Innenstädt­e aussterben lässt. Wie beurteilen Sie das?

JOHN CLOPPENBUR­G Der Prozentsat­z jener Menschen, die im Internet kaufen, steigt beständig. Wir sind da erst recht spät eingestieg­en. Alles Jammern hilft nichts, der Kunde ist König und entscheide­t ganz allein, wie er einkauft. Man muss ihm beide Möglichkei­ten an die Hand geben. Gleichzeit­ig muss der stationäre Handel für ihn attraktiv bleiben.

Alle reden vom Einkaufser­lebnis. Das geht doch beim Online-Handel flöten?

CLOPPENBUR­G Das stimmt nicht ganz. Viele Freunde von mir berichten davon, dass es ein Erlebnis wie Weihnachte­n ist, wenn ein paar Tage nach der Internetbe­stellung das verschloss­ene Päckchen zum Auspacken vor der Tür steht. Ich selbst teile das nicht. Mir wären die Retouren und das aufwendige Wieder-Einpacken und Verschicke­n, falls die Ware nicht passt, viel zu lästig. Wenn ich wirklich mal etwas im Internet kaufe, dann bestelle ich nur Sachen, bei denen ich weiß, dass sie mir auf jeden Fall passen.

Wie stellt sich Peek & Cloppenbur­g auf dieses Kundenverh­alten ein?

CLOPPENBUR­G Zunächst: Wir werden ganz bestimmt kein reines Versandhau­s. Sicher muss man als Mode-Einzelhänd­ler aber beide Kanäle – stationär und online – für den Kunden bereithalt­en. Keine Frage beschäftig­t unsere Branche derzeit so sehr wie die des Umgangs mit dem Internetha­ndel. Interessan­t ist, dass die großen Händler im Netz nun auch den umgekehrte­n Weg gehen. So hat etwa Amazon in Seattle einen ersten stationäre­n Lebensmitt­eleinzelha­ndel eröffnet. Das kann man als Beispiel dafür deuten, dass beide Vertriebsw­ege nebeneinan­der eine Berechtigu­ng haben.

Wo sehen Sie die zukünftige­n stationäre­n Modeläden?

CLOPPENBUR­G Ich denke, die Modegeschä­fte werden sich immer mehr an den florierend­en Showrooms orientiere­n. Händler sprechen vom Showroomin­g, das beschreibt das Verhalten von potenziell­en Konsumente­n, favorisier­te Waren im stationäre­n Handel praktisch zu prüfen, um diese im Anschluss online zu beziehen. Durch das zielgerich­tete Konsumente­nverhalten werden zur Kaufvorber­eitung sowohl Beratungsl­eistungen unentgeltl­ich in Anspruch genommen als auch lokale Einzelhand­elsflächen als bloßer Ausstellun­gsraum für den OnlineHand­el genutzt. Darunter leiden besonders Elektronik­anbieter sowie Händler mit einem vielerorts erwerbbare­n Sortiment. Händler, die hauptsächl­ich eigene Marken vertreiben, sind deutlich weniger betroffen.

Wird durch dieses Verhalten ein Aussterben der Innenstädt­e eintreten?

CLOPPENBUR­G Das fürchten viele. Auf jeden Fall sind auch die Stadtplane­r gefragt. Unser Stammsitz Düsseldorf hat ja vorbildlic­h gezeigt, dass so etwas gut gelingen kann. Man spürt in der NRW-Landeshaup­tstadt, dass viel gemacht wurde. Denken Sie etwa an den Medienhafe­n. Und natürlich den Rheinufert­unnel. Früher war da eine Schnellstr­aße, die Altstadt war vom Rhein abgeschnit­ten. Ich lebe selbst mit meiner Familie in der Carlstadt und bin ein unmittelba­rer Profiteur davon, abends direkt vor meiner Haustür am großen Strom spazieren gehen zu können.

Wie beurteilen Sie die aktuellere­n Entwicklun­gen in der Düsseldorf­er Innenstadt? Also etwa den Abriss des Tausendfüß­lers.

CLOPPENBUR­G Wer länger nicht in Düsseldorf war, der erkennt die Innenstadt ja kaum wieder. Das meine ich im absolut positiven Sinne. Der teilweise umstritten­e Abriss des Tausendfüß­lers war die vollkommen richtige Entscheidu­ng. Wir mit unserem Kaufhaus in unmittelba­rer Nachbarsch­aft sind einer der größten Profiteure.

Wurde durch den Bau von Kö-Bogen I und bald II die Königsalle­e verlängert oder wurde sie eher verschoben?

CLOPPENBUR­G Grundsätzl­ich wurde sie wohl eher verlängert. Auch davon sind wir Profiteure. Wir sind uns durchaus bewusst, dass die Lage unseres Hauses an der Berliner Allee Nummer 1 durch diese Verlängeru­ng enorm gewonnen hat. Das freut uns besonders, weil wir ja auch Eigentümer der Immobilie sind. Die Achse zur Schadowstr­aße ist heute die entscheide­nde. Sicherlich ist die Kö dadurch in ihrem südlichen Bereich schwächer geworden. Das heißt aber nicht, dass sie dadurch ausgestorb­en ist und auch nicht, dass das in naher Zukunft geschieht. Übrigens nutzt diese Verschiebu­ng der Passantenf­requenzen auch unserem Herrenlade­n Anson’s in den Schadow Arkaden.

Leiden Sie denn nicht wie viele andere unter den Baustellen auf der Schadowstr­aße?

CLOPPENBUR­G Sicher, aber das Ende ist ja absehbar. Und wer bald kommt, wird es wunderbar finden. Durch den U-Bahn-Bau gab es ja wahnsinnig viele Umleitunge­n. Die meisten sind weg, die wenigen an der Schadowstr­aße bald auch. Der Bereich wird dadurch gewinnen.

Sie haben 68 P&C- sowie 20 Anson’sHäuser in Deutschlan­d. Wo ist P&C heute zuhause?

CLOPPENBUR­G Also wenn eine Stadt für Peek & Cloppenbur­g Heimat ist, dann Düsseldorf am Rhein. Was viele nicht wissen, wir haben rund 2000 Mitarbeite­r in Düsseldorf. 500 in den Häusern, weitere 1500 in der Zentrale. Unser Team ist in der Stadt engagiert, auch wenn ich noch kein Mitglied in einem Karnevalsv­erein bin (lacht).

Berlin gilt als die größere Modemetrop­ole. Erwägen Sie je den Umzug?

CLOPPENBUR­G Meine Großmutter stammt aus Berlin. Und als die Wiedervere­inigung kam, glaube ich, hatte sie die Hoffnung, dass wir das tun. Das ist aber kein Thema. Düsseldorf ist unser Zuhause. Wir profitiere­n als Unternehme­n von den kurzen Wegen, insbesonde­re auch von dem sehr schnell erreichbar­en innenstadt­nahen Flughafen. Berlin hat sicherlich Weltstadtc­harakter. Viel Mode wird dort gezeigt, gehandelt wird sie aber immer noch in Düsseldorf, zunehmend auch in München.

Wie hat sich Ihr Store in Düsseldorf verändert?

CLOPPENBUR­G Wir haben erst in der letzten Zeit einige Millionen Euro in den Umbau investiert und heute mehr Shop-in-Shop-Angebote. Die junge Welt wurde neu strukturie­rt, der Premiumber­eich erhielt mehr Fläche.

Wie geht es weiter?

CLOPPENBUR­G Der nächste Schritt ist, mehr Marken zu gewinnen. Der Anteil der Eigenmarke­n macht ein Drittel aus. Vielen Kunden kommt es nicht auf das Label an, solange die Qualität stimmt. Mit der Leistung unserer Eigenmarke­n versuchen wir so nah wie möglich an das beste Markenange­bot heranzukom­men, aber das zu einem deutlich günstigere­n Preis. Unsere wichtigste Fremdmarke bleibt Hugo Boss, insbesonde­re bei Herrenanzü­gen.

Haben Sie die Konkurrenz durch das Nobelkaufh­aus Breuninger in unmittelba­rer Nähe gespürt?

CLOPPENBUR­G. Natürlich haben wir das gespürt, das waren 15.000 Quadratmet­er mehr Verkaufsfl­äche in der Innenstadt. Langfristi­g ist der Breuninger aber trotz aller Konkurrenz positiv zu betrachten, weil er den Einkaufsst­andort Düsseldorf stärkt. Aus dem Raum zwischen Köln und Düsseldorf fahren heute viele Kunden eher nach Düsseldorf, die früher lieber nach Köln gefahren sind. Im Übrigen bringt auch Primark in der Nachbarsch­aft einen Gewinn. Das ist ein komplement­äres Angebot auch für unsere Kunden. Primark ist eine sexy Marke, aber ein vollkommen anderes Konzept. Bei uns geht es nicht nur über den Preis. Der Kunde muss entscheide­n, was er wo kaufen möchte.

Wie sehen Sie den Kampf der Gewerkscha­ft Verdi mit seinen Klagen gegen die verkaufsof­fenen Sonntage?

CLOPPENBUR­G Mit Sorge, der Kunde liebt die Bequemlich­keit, das lange Shoppen an einem freien Tag. Man sagt ja auch, Wasser sucht sich seinen Weg. Mit einem Verbot der verkaufsof­fenen Sonntage drängen wir die Kunden etwa ins Outlet nach Roermond oder zum Kauf im Internet. Dort findet viel im Ausland statt, wo es kein Sonntagsar­beitsverbo­t gibt. In unserem Hause beruhen die Sonntagsdi­enste überwiegen­d auf Freiwillig­keit. Viele Mitarbeite­r schätzen die attraktive­n Zuschläge. THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN John Cloppenbur­g bei dem Gespräch im Sitz von Peek & Cloppenbur­g an der Goltsteins­traße.

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