Wir basteln uns den Supertrainer
In der Sommerpause sind viele Klubs auf der Suche nach dem richtigen Coach. Wir helfen gern.
DÜSSELDORF Deutschland ist ein Land voller Trainer. Viele fühlen sich berechtigt, bei Aufstellung, Taktik und bei der Trainersuche ihres Vereins mitzusprechen. Perfekt finden sie keinen Kandidaten. Der eine hat zu wenig Herz, der andere ist nicht kühl genug, manche sind zu großzügig, einige zu streng. Der ideale Cheftrainer ist eine Mischung aus vielen. So könnte er aussehen: Köpfchen
Grundregel an der Seitenlinie: Nicht der Lauteste gewinnt die meisten Spiele. Carlo Ancelotti ist ein eher leiser Vertreter seiner Zunft. Er tigert nicht wie wild am Spielfeldrand herum. Es reicht ihm, seine Anspannung durch Kaugummikauen zu verarbeiten. Dennoch hat er Bayern München zur 27. Meisterschaft geführt. Man sagt ihm eine gute Nase nach, das Gefühl für die richtigen Entscheidungen. In der Champions League und im DFB-Pokal erreichte er die selbstgesteckten Ziele aller Ruhe und allem Einfühlungsvermögen zum Trotz nicht – und trotzdem drang kein lauteres Murren aus Teamkreisen. Ancelotti hat sich den Respekt seiner Spieler erarbeitet. Augen wartete Höhen geführt und sogar das Dortmunder Spiel entscheidend verbessert. Dennoch könnte er sich bald auf dem Arbeitsmarkt wiederfinden. Beim BVB hat er zwar für sportlichen Erfolg gesorgt, aber er hat zwei Fehler gemacht. Dass zum Arbeitsverhältnis zumindest ein bisschen Herzlichkeit gehört, hat er nicht ausreichend berücksichtigt. Und dass in Dortmund Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke der Boss ist, ebenfalls nicht. Mund Seit langem sind Trainer nicht mehr nur Übungsleiter, die mit der Pfeife im Mund zwei Dutzend Fuß- ballprofis befehligen. Und es reicht auch nicht, die richtigen taktischen Wege vorzugeben, gelegentlich beim Spiel an der Seitenlinie aufzutauchen und ein paar Kommandos aufs Feld zu brüllen. Trainer sind wichtige Öffentlichkeitsarbeiter ihrer Klubs, ihre Vorträge vor den Medien erreichen ein Millionenpublikum, sie geben ihrem Unternehmen ein Gesicht. Peter Stöger hat den 1. FC Köln um eine feine Prise Wiener Humor bereichert. Auch deshalb hat er im Verein nur noch Fans. In der vergangenen Saison hat er den „Fußballspruch des Jahres“geliefert: „Ich habe dem Linienrich- ter meine Brille angeboten. Aber auch das hat er nicht gesehen.“ Ohren Nicht nur Erziehungsberechtigte tun gut daran, genau hinzuhören. Auch Trainer müssen ein Ohr für ihre Spieler und für die Chefs in den Vereinen haben. Für Borussia Mönchengladbach war es ein Glücksfall, dass Dieter Hecking ein erfahrener Erziehungsberechtigter ist. Er hat fünf Kinder. Und er hat sich angewöhnt, zunächst mal die Ohren aufzusperren und dann zu handeln. Auf diese Art hat er seine Mannschaft ganz schnell aus dem Tabellenkeller geführt. Herz Fußball steht für Emotionen. Viele Fußballlehrer tun sich allerdings schwer, ihre Gefühle nach außen zu tragen. Christian Streich dagegen verfügt über eine derartige Empathie, dass man ihn am liebsten sofort umarmen würde. In dieser Saison hat er seiner Branche ins Gewissen geredet. Er forderte Solidarität mit seinem Trainerkollegen Roger Schmidt, der nach langer Kritik in Leverkusen entlassen wurde. Und er meldete sich zu gesellschaftspolitischen Themen. „Die fremdenfeindliche Entwicklung macht mir Angst“, sagte er. Dafür gab’s Beifall. Von der richtigen Seite.