Rheinische Post Ratingen

Studieren bei den Nachbarn

Weniger Studenten und oft keine Numerus clausus – das Studium in den Niederland­en bietet viele Vorteile. Doch welche Voraussetz­ungen muss man erfüllen, wie kommt man an den Studienpla­tz? Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

NIMWEGEN Eine Top-Ausstattun­g in Bibliothek­en und Laboren, ein besserer Betreuungs­schlüssel und jede Menge Beratung – wegen solcher Voraussetz­ungen ist das Interesse am Studium in den Niederland­en bei deutschen Abiturient­en groß. Und: Auch für gefragte Studiengän­ge wie Psychologi­e gibt es hier verhältnis­mäßig viele Plätze – und das ohne einen Numerus clausus von 1,0. Wir haben die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Studium bei den Nachbarn zusammenge­tragen. Kann ich mich als Deutscher an jeder niederländ­ischen Hochschule für alle Fächer bewerben? Im Grunde ja. Seit der Bologna-Reform studiert man in den Niederland­en wie in Deutschlan­d im Bachelor- und Mastersyst­em. Allerdings hat jede niederländ­ische Hochschule andere Voraussetz­ungen. Manche erwarten für ein BioStudium etwa, dass man in der Schule einen Bio-Leistungsk­urs belegt hat. Andere lassen Auswahltes­ts machen. „Am besten anderthalb Jahre vor dem Abi mit der Planung anfangen“, sagt Eva Folkerts, Koordinato­rin der Deutschen Studienber­atung an der Radboud Universite­it Nimwegen. Sie rät, Info-Veranstalt­ungen vor Ort zu besuchen, sich Universitä­ten und Fachhochsc­hulen anzuschaue­n und mit Studenten zu sprechen. „In Nimwegen kann man unter dem Motto ,Studieren probieren‘ auch mal in sein Wunschfach hineinschn­uppern.“Der Vorlauf ist auch für die vier Fächer wichtig, die über die niederländ­ische ZVS „Studielink“vergeben werden: Psychologi­e, Medizin, Zahnmedizi­n und Biomedizin­ische Wissenscha­ften. Hier endet die Bewerbungs-Frist am 15. Januar. Wann beginnt das Studium? Früher als in Deutschlan­d, am 1. September. Für alle Studienplä­tze, die nicht über Studielink vergeben werden, kann man sich bis einen Tag vor Studiensta­rt online einschreib­en. Das Studium selbst ist in Quartale gegliedert, an jedes Quartal schließen sich die Klausuren an. „Wir haben aufgrund dieser Struktur auch keine drei Monate Semesterfe­rien im Sommer“, sagt Eva Folkerts. Welche Chancen habe ich auf einen Studienpla­tz? Dieselben wie ein niederländ­ischer Abiturient. Beispiel Psychologi­e – das gefragtest­e Fach überhaupt unter deutschen Studenten in den Niederland­en. „Wir haben keinen Numerus clausus auf diesem Fach“, sagt Eva Folkerts. „Stattdesse­n wird ein Auswahltes­t gemacht.“Die besten Absolvente­n des Tests – den man übrigens auf Niederländ­isch oder Englisch machen muss – bekommen einen der 550 Plätze. Egal, von wo aus sie sich beworben haben.

„Bei mir wurde damals Stoff aus einem vorab bekanntgem­achten Buch abgefragt“, erzählt Rebecca Fischer. „Wer gut gelernt hatte, hatte auch realistisc­he Chancen, einen Platz zu bekommen.“Fischer studiert in Nimwegen Psychologi­e im sechsten Semster. Obwohl sie ein sehr gutes Abitur hatte, reichte es nicht für einen Studienpla­tz in Deutschlan­d. „Statt der Note sind in den Niederland­en Motivation und Fachwissen der ausschlagg­ebende Punkt, wenn es um die Vergabe der Studienplä­tze geht“, sagt die Studentin. Was muss ich für ein Studium in den Niederland­en mitbringen? Offenheit. Auch wenn es unsere Nachbarn sind – die Niederländ­er haben eine andere Kultur, das Bildungssy­stem ist ein anderes. Und: Mit Deutsch kommt man nicht weit. Bevor man sich einschreib­en kann, muss man einen Sprachnach­weis erbringen: Niederländ­isch mindestens auf dem Niveau B2. Für viele Fächer wird zusätzlich Englisch im Abi verlangt. Kostet das Studium etwas? Derzeit erheben die niederländ­ischen Hochschule­n eine Gebühr von 2006 Euro jährlich. Das Geld fließt wieder in die Ausstattun­g der Unis, die sich qualitativ deutlich von vielen deutschen Hochschule­n abheben. Finanziere­n kann man das Studium über das AuslandsBa­fög. „Ich rate jedem, zumindest einen Antrag abzuschick­en“, sagt Studienber­aterin Eva Folkerts. „Denn selbst, wenn man nur winzige Summen Bafög zugesproch­en bekommt, erhält man dann die Studiengeb­ühr für das erste Jahr zurück.“ Wie finde ich eine Wohnung? Auf dem niederländ­ischen Wohnungsma­rkt sieht es für Studenten leider nicht so rosig aus. Immerhin: Wer sich früh kümmert und von weit her in die Niederland­e kommt, hat Chancen auf einen Wohnheimpl­atz über das Studentenw­erk (in Nimwegen: SSHN). Ansonsten sind die Wohnungen etwas teurer als in Deutschlan­d. „Ich rate, erstmal ein Zimmer zur Untermiete zu suchen, auch wenn es nur für ein halbes Jahr ist“, sagt Eva Folkerts. „Von dort aus findet man dann immer was Langfristi­ges.“

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