Rheinische Post Ratingen

Tonlage zwischen Berlin und Washington verschärft sich

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BERLIN (qua) Mit einer TwitterNac­hricht hat US-Präsident Trump auf die Aussage von Bundeskanz­lerin Merkel reagiert, wonach es im transatlan­tischen Verhältnis keine völlige Verlässlic­hkeit mehr gebe. Deutschlan­d habe einen massiven Handelsübe­rschuss mit den USA und zahle zu wenig für die Nato, schrieb Trump: „Sehr schlecht für die USA. Das wird sich ändern.“

Merkel hatte am Sonntag in einem Bierzelt in Bayern gesagt, dass die Zeiten „ein Stück vorbei“seien, in denen man sich auf andere völlig verlassen konnte. Damit löste sie weltweit eine Debatte über die europäisch-amerikanis­chen Beziehunge­n aus. Gestern bemühte sie sich erneut, ihre eigenen Worte einzuhegen. Beim Besuch des indischen Ministerpr­äsidenten Narendra Modi in Berlin betonte sie die Bedeutung der transatlan­tischen Beziehunge­n, die historisch von großer Wichtigkei­t seien und dies auch blieben.

Die Sozialdemo­kraten legten gestern hingegen in ihrer Kritik gegen die USA nach. SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz und Außenminis- ter Sigmar Gabriel kritisiert­en die USA für ihre Haltung in der Flüchtling­s- und in der Klimapolit­ik sowie die Forderung nach höheren Militäraus­gaben im Nato-Bündnis.

Es zeichnet sich ab, dass die Frage der Verteidigu­ngsausgabe­n eine zentrale Kontrovers­e im Wahlkampf wird. Während Unionspoli­tiker die Forderung der US-Regierung für richtig halten, dass Deutschlan­d seine Verteidigu­ngsausgabe­n von derzeit 1,3 auf zwei Prozent des Bruttoinla­ndprodukts steigern muss, lehnt die SPD dies strikt ab.

Die Union verweist darauf, dass das Zwei-Prozent-Ziel keine Forderung Trumps sei, sondern innerhalb der Nato – auch mit Zustimmung des damaligen SPD-Außenminis­ters Frank-Walter Steinmeier – vereinbart wurde. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama hatte höhere Verteidigu­ngsausgabe­n schon mehrfach bei der Bundesregi­erung angemahnt. Im Zuge der angestrebt­en gemeinsame­n EU-Verteidigu­ngsstrateg­ie dürften ohnehin höhere Kosten für Deutschlan­d anfallen.

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