Durchmarsch für Macron
Frankreichs neuer Präsident hat den ersten Stimmungstest bestanden. Nach der ersten Runde der Parlamentswahl ist die absolute Mehrheit für seine Partei in der Nationalversammlung in greifbare Nähe gerückt.
PARIS (bew) Fünf Wochen nach seiner Wahl zum neuen Präsidenten Frankreichs hat Emmanuel Macron mit seiner Partei „La République en Marche“( LREM) auch die erste Runde der Parlamentswahlen mit mehr als 32 Prozent der Stimmen klar für sich entschieden und steuert nun auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu. Laut Meinungsforschern hat die LREM am kommenden Wochenende die Aussicht auf mindestens 390 der 577 Sitze im französischen Parlament. Das Institut Kantar PublicOnepoint hält sogar bis zu 440 Mandate für möglich.
Die Parlamentswahl ist die Fortsetzung der politischen Umwälzung in Frankreich. Denn Macrons erst im vergangenen Jahr als politische Bewegung gegründete Partei ist bisher gar nicht im Parlament vertreten. Um die 577 Sitze bewerben sich 7882 Kandidaten. Um bereits in der ersten Runde zu gewinnen, brauchen sie die absolute Mehrheit der Stimmen im Wahlkreis und mindestens 25 Prozent der dort registrierten Wähler. Andernfalls treten zu einer zweiten Runde am kommenden Sonntag alle Kandidaten noch einmal an, die in der ersten Runde mindestens 12,5 Prozent der Stimmen bekommen haben. In der zweiten Runde genügt die relative Mehrheit.
Ein Dämpfer ist allerdings die historisch schwache Wahlbeteiligung. Nur jeder zweite Wahlberechtigte ging zur Abstimmung, das ist der niedrigste Wert bei einer Parlamentswahl seit Gründung der Fünften Republik 1958. Vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 57,2 Prozent gelegen.
Für die beiden traditionellen französischen Regierungsparteien bedeutet das Ergebnis eine weitere herbe Schlappe. Die konservativen Republikaner kamen mit 21 bis 21,5 Prozent auf Platz zwei. Die Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande, die bislang in der Nationalversammlung den Ton angaben, stürzten sogar auf 7,8 Prozent ab. Auch die Linkspartei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon schnitt mit elf Prozent schlechter ab als erwartet.
Einen herben Rückschlag erlitt die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Ihre Partei erzielte nur 13,5 bis 14 Prozent und dürfte wieder nicht in der Lage sein, eine Fraktion zu bilden, zu der mindestens 15 Abgeordnete nötig sind. Le Pen hatte bei der Präsidentenwahl im ersten Wahlgang 21,3 Prozent erhalten und war damit in die Stichwahl gegen Macron gekommen.
Der 39-jährige Macron war Anfang Mai als jüngster französischer Präsident aller Zeiten gewählt wor- den. Mit einer absoluten Mehrheit hätte er großen Spielraum für seine Gesetzespläne, um Frankreichs Wirtschaft in Schwung zu bringen. Falls er die nötige Unterstützung in der Nationalversammlung erlangt, will er noch vor dem Sommer ein neues Anti-Terror-Gesetz und eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts auf den Weg bringen.
Auch bei einer klaren Mehrheit in der Nationalversammlung würde Macrons Lager nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte die Mehrheit. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mit – allerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel, wenn die beiden Kammern sich nicht auf einen Kompromiss einigen können.
Wegen der Terrorgefahr im Land wurde die Abstimmung von rund 50.000 Polizisten geschützt. Erst am vergangenen Dienstag hatte ein Ordnungshüter vor der Pariser Kathedrale Notre-Dame auf einen Terrorverdächtigen nach dessen Hammerangriff geschossen. Leitartikel Seite A2