Langzeitarbeitslose sollen Senioren begleiten
Der Essener Oberbürgermeister will die Arbeitslosigkeit in seiner Stadt mit einem kommunalen Arbeitsmarkt bekämpfen.
Am Rande des Nürnberger Städtetages haben Sie 14 Gäste für 2655 Euro im Zwei-Sterne-Restaurant bewirtet. Musste das sein?
KUFEN Nein. Weder die Stadt noch ich persönlich laden üblicherweise in ein Sterne-Restaurant ein. Ich wusste auch gar nicht, dass es sich um ein solches Restaurant handelt. Ich hatte eingeladen, die Rechnung gesehen und aus eigener Tasche bezahlt. Damit ist das Thema für mich erledigt.
Die Stadt Essen hat massiv vom rotgrünen Kommunal-Soli profitiert. Jetzt will die schwarz-gelbe Koalition ihn wieder abschaffen. Wie finden Sie das?
KUFEN Der Kommunal-Soli hat die Solidarität unter den Kommunen strapaziert. Es wurde in den Koalitionsgesprächen verabredet, dass die Empfänger-Kommunen das Geld aus dem Landeshaushalt bekommen. Gleichwohl brauchen wir weiter einen Stärkungspakt mit Absprachen, wie Kommunen für finanzielle Hilfen des Landes konkrete Einsparungen umsetzen und ihre Schulden konsequent tilgen.
Warum hat Essen eigentlich so exorbitant hohe Schulden?
KUFEN Die Schattenseite des Strukturwandels im Ruhrgebiet ist die hohe Arbeitslosenzahl. Über die Hälfte unserer Arbeitslosen sind langzeitarbeitslos. Mit Hilfe von Bund und Land hat Essen unter meiner Führung ab 2017 zum ersten Mal seit 25 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt.
Ist die Essener Finanznot nicht auch selbst verschuldet? Sie haben sich bei Zinswetten verzockt, den richtigen Zeitpunkt für den Verkauf der RWEAktien verpasst und mehrfach in Unternehmen investiert, die viel Geld verbrannt haben …
KUFEN Ich habe mich persönlich dagegen engagiert, dass Essen noch mehr Zinswetten eingeht. Mit der RWE AG bin ich nicht verheiratet. Wir haben knapp 19 Millionen RWEAktien. Ob, wann und wie viel wir verkaufen, entscheiden wir nicht nach Ideologie, sondern mit dem Rechenschieber.
Wo kann Essen noch selbst gestalten?
KUFEN Die hohe Arbeitslosigkeit hängt uns wie ein Mühlstein um den Hals. Wir starten daher jetzt ein neues Arbeitsmarktprogramm. Essen hat 15.000 Langzeitarbeitslose. Es ist doch besser, wenn sie von der Stadt einen Zuschuss bekommen, damit sie als Parkhüter oder Seniorenbegleiter arbeiten, statt die Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Ich glaube, dass dieses Modell eines sozialen Arbeitsmarktes auch für andere Kommunen interessant ist. Wir be- ginnen mit 100 Langzeitarbeitslosen.
Ihr Parteifreund Armin Laschet ist Gegner der gleichberechtigten Homo-Ehe. Wie sehen Sie das?
KUFEN Fragen Sie das jetzt nur, weil ich mit meinem Mann zusammenlebe? Die Bürger sind da schon viel weiter als manche Parteitagsbeschlüsse der CDU. Es ist allerdings auch Unsinn, wenn die Grünen dieses Thema nun zum wichtigsten ihrer Agenda aufbauschen. MICHAEL BRÖCKER UND THOMAS REISENER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.