Rheinische Post Ratingen

„Fall Lisa“endet mit Bewährung

Ein Mann wurde verurteilt, weil er mit einer Minderjähr­igen Sex hatte.

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BERLIN (dpa) Mit gesenktem Kopf und an der Hand seines Anwaltes bahnt sich der junge Mann den Weg ins Gericht. Das Interesse ist groß, als im „Fall Lisa“das letzte Kapitel geschriebe­n wird. Das russlandde­utsche Mädchen aus Berlin hatte als 13-Jährige eine Vergewalti­gung erfunden. Die Geschichte schlug internatio­nal Wellen.

17 Monate später, am Amtsgerich­t Tiergarten: Ein 24-jähriger Bekannter des Mädchens gesteht, einvernehm­lichen Sex mit der damals 13-Jährigen gehabt zu haben. Zum Schutz der Intimsphär­e der heute 15-Jährigen schließt das Gericht die Öffentlich­keit vor Verlesung der An- klage aus. Wegen schweren sexuellen Missbrauch­s eines Kindes und Herstellun­g von Kinderporn­ografie wird er zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem soll er als Auflage 3000 Euro zahlen. Der Verurteilt­e aber hat mit dem eigentlich­en „Fall Lisa“gar nichts zu tun.

Das Mädchen, das später als Lisa bekannt wurde, war am 11. Januar 2016 auf dem Schulweg verschwund­en und mehr als 30 Stunden vermisst. Lisa erklärte, sie sei von drei Männern entführt und vergewalti­gt worden. Das stellte sich später als erfunden heraus. Sie soll sich wegen Schulprobl­emen nicht nach Hause getraut haben. Doch ihre Ausrede kursierte schnell in den sozialen Medien. Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow schaltete sich ein, warf Behörden vor, den Fall zu vertuschen. Hunderte Russlandde­utsche demonstrie­rten in Berlin. Rechte Gruppierun­gen schlossen sich an und nutzten den Fall für Hetze gegen Flüchtling­e.

Der Angeklagte nun war als Bekannter des Mädchens eher zufällig in den Fokus der Polizei geraten. Wochen vor dem Verschwind­en der 13-Jährigen kam es laut Anklage zu Sex vor laufender Handykamer­a. Weil Lisa jünger als 14 Jahre alt war, war der freiwillig­e Sex strafbar.

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