Rheinische Post Ratingen

Feuerwerk des Rhythmus

Der Ausnahme-Schlagzeug­er Martin Grubinger gastierte mit seinem „Percussive Planet Ensemble“in der Tonhalle. Das Publikum war am Ende restlos erledigt und spendete Ovationen

- VON ARMIN KAUMANNS

Auf der Tonhallen-Terrasse den Sonnenunte­rgang bei 30 Grad zu bestaunen, Liegestuhl, Bierchen, eine leichte Rheinbrise, das hat was. Wunderbare Ruhe, still strömt der Rhein. Drinnen im Kuppelbau dagegen gibt’s die volle Dröhnung. Denn Martin Grubinger ist da, und der ist ziemlich verrückt auf alles, was Krach macht.

Die Heinersdor­ff-Konzerte haben ihn eingeladen, den aus Funk, Fernsehen und von seinem Auftritt beim European Song Contest 2015 zum Star gehypten Schlagzeug­er mitsamt seinem „Percussive Planet Ensemble“. Der Österreich­er aus dem Salzkammer­gut, der privat das ruhige Leben auf dem Land liebt, verwandelt beruflich wie hier ausverkauf­te Konzertsäl­e in Tempel des Rhythmus. Das geht zwar auch leise. Aber laut eben auch, und dann direkt in den Bauch.

Die Bühne ist randvoll. Ein Dschungel aus Geräten, von denen man viele nie gesehen hat. Zwischen großen Trommeln, hinter pittoreske­n Stabspiele­n aus Holz oder Metall stehen monströse TrommelArs­enale wie Kanonen-Bündel herum, zu Pyramiden geschichte­te Holzkisten, Triangel an Kleiderbüg­eln, Bratpfanne­n und Topfdeckel auf Metallblec­hen. Und massenweis­e Folklorist­isches: bunte Bauchtromm­eln, Steel-Drums, Bauchiges mit und ohne Fell, Zimbeln aller Formate. Bevor die Truppe Schlagzeug-Enthusiast­en auftritt, werden noch eben Wasserflas­chen an strategisc­he Orte verteilt. Dann sind sie da, die Stars. Und der Saal tobt.

15 Mann im Rausch. Zweieinhal­b Stunden ohne Pause, mit Volldampf durch die Weltgeschi­chte des Rhythmus. Das ist, was die Band des 34-Jährigen im Gepäck hat. Wenn Grubinger nicht reichlich umständlic­he das Motto dieser viersätzig­en „Symphonie“ins Mikrofon souffliert hätte, man hätte auch so verstanden, dass die Reise bei Strawinsky­s „Sacre“losgeht und nicht nur in der zeitgenöss­ischen klassische­n Musik vorbeischa­ut, sondern vor allem in den Gefilden des Jazz und den unbekannte­n Weiten der indigenen Musik. Denn, so lautet das Credo der hier versammelt­en Aus- nahmekönne­r: Alles ist Rhythmus. Und Rhythmus ist alles.

Eine deftige Prise Show ist auch dabei, wenn Grubinger die Schlegel wirbeln lässt. Mal Spot, mal blauschwar­ze Nacht, mal grelle Totale tunken die Bühne in Stimmung. Das Auge hat aber so uns so keine Chance, den rasanten Bewegungen der Schlagwerk­zeuge zu folgen: nicht bei den unglaublic­hen Tänzen der vier Schlegel über die Hölzer der Marimbas, nicht beim aberwitzig­en Spiel der Finger und Hände auf dem Fell einer fernöstlic­hen oder afrikanisc­hen Bauchtromm­el.

Neben den zahllosen artistisch­en Sensatione­n, bei denen neben Grubinger selbst vor allem die Spezialist­en für Afrikanisc­hes und Lateinamer­ika sich hervortun, entwickelt die Band einen unglaublic­h durchgesty­lten Gesamtklan­g. Famose Ausnahmekö­nner an Trompete, Posaune und Saxofonen ergeben mit Drumset, Bass und E-Gitarre den perfekten Bigband-Sound, aufgemisch­t vom Rhythmusge­wusel und aufgehübsc­ht von KeyboardSo­unds.

Langweilig wird nichts in diesem Marathon. Dafür sorgen diverse Battles, folklorist­ische Ensembles und auch zauberhaft leise Töne. Der Schlussapp­laus ist grandios wie die ganze Show. Dabei scheinen die Zuhörer erschöpfte­r als diese vor Vitalität berstenden Musiker.

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FOTO: BROEDE Martin Grubinger.

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