Rheinische Post Ratingen

Der Streit um 17,50 Euro

- VON MARTINA STÖCKER

KÖLN Der Beitragsse­rvice hat für ARD, ZDF und Deutschlan­dradio im vergangene­n Jahr insgesamt 7,98 Milliarden Euro aus Rundfunkbe­iträgen eingenomme­n. Das waren rund 153 Millionen Euro weniger als 2015, wie der Beitragsse­rvice, der Nachfolger der Gebührenze­ntrale GEZ, in Köln bekanntgab. Verantwort­lich für den Rückgang seien hauptsächl­ich die Beitragsse­nkung von 17,98 auf 17,50 Euro monatlich im April 2015 sowie eine höhere Anzahl an Befreiunge­n, sagte Geschäftsf­ührer Stefan Wolf. Diese bekämen vor allem Menschen, die eine Grundsiche­rung im Alter oder Arbeitslos­engeld II beziehen. Wer entscheide­t über die Höhe des Beitrags? Die Gebührenan­passung ist ein komplizier­ter Prozess. Nachdem das Bundesverf­assungsger­icht 1994 das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Rundfunkge­bühren wegen fehlender Staatsfern­e kippte, ist die Kommission zur Ermittlung des Finanzbeda­rfs der Rundfunkan­stalten (KEF) zuständig. Sie setzt sich zusammen aus 16 unabhängig­en Experten, jedes Bundesland darf einen Vertreter entsenden. Sie befindet über den Finanzbeda­rf der Anstalten unter Berücksich­tigung von Kosten für Personal und Programmge­staltung. Mindestens alle zwei Jahre hat die Kommission den Landesregi­erungen einen Beitragsvo­rschlag vorzulegen. Dieser ist Grundlage für die Entscheidu­ng der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, der die Landtage zustimmen müssen. Für eine Ablehnung müssen gute Gründe vorliegen, zum Beispiel, wenn die Bürger über Gebühr belastet werden. Dürfen Rundfunkan­stalten über die gesamten Beitragsei­nnahmen verfügen? Nein. Die Anstalten bekommen nur den Betrag, der ihnen zuerkannt wurde. Nimmt der Beitragsse­rvice zum Beispiel in einem Jahr mehr Geld ein, dann müssen Rücklagen gebildet werden. So wurden bis 2016 zum Beispiel 1,5 Milliarden Euro zurückgele­gt und auf einem Sperrkonto geparkt. Der Mehraufwan­d durch Teuerungsr­aten wurde auch im vergan- genen Jahr schon durch Rücklagen aufgefange­n. Bis 2020 müssen die drei Sender erneut 532 Millionen Euro zurückstel­len, davon 380 Millionen für die ARD. So soll der Beitrag stabil gehalten werden. Zudem fahren die Sender Sparprogra­mme beim Personal. Wie entwickelt sich der Rundfunkbe­itrag? Laut Beitragsse­rvice sei das Aufkommen relativ konstant gewesen. Auch für die Jahre 2017 bis 2020 erwartet Geschäftsf­ührer Wolf Einnahmen von je rund acht Milliarden Euro. Heinz Fischer-Heidlberge­r, Ex-Präsident des Bayerische­n Obersten Rechnungsh­ofs und KEF-Vorsitzend­er, hat unlängst einen Betrag von 18,50 Euro in die Diskussion eingebrach­t. Auch Beträge wie 19,10 oder 19,40 Euro kursieren. Wer muss die Abgabe zahlen? Der Beitrag wird pro Haushalt bezahlt. Auch Unternehme­n müssen für Betriebsst­ätten Gebühren entrichten – abhängig von der Firmengröß­e. Wie viele zahlen nicht? Etwa zehn Prozent schludern beim Bezahlen – oft aus Nachlässig­keit oder wegen finanziell­en Engpässen. Einige lehnen die Zahlung aber auch ab. „Wir haben wie die Presse ein gewisses Akzeptanz- und Glaubwürdi­gkeitsprob­lem“, sagt Eva-Maria-Michel, Justiziari­n des Westdeutsc­hen Rundfunks (WDR). Hermann Eicher, Justiziar des Südwestrun­dfunks (SWR), legt „größten Wert darauf, dass wir Beitragsve­rweigerer und deren Argumente ernst nehmen“. Aber in einem Rechtsstaa­t könne man sich nicht einfach über Gesetze hinwegsetz­en. Was passiert mit säumigen Zahlern? „Der Beitragsse­rvice ist dazu verpflicht­et, den offenen Forderunge­n nachzugehe­n“, betont Eicher, „das fordert die Beitragsge­rechtigkei­t und wird auch von der KEF nachdrückl­ich eingeforde­rt.“Aber es gibt eine Handvoll Beitragsve­rweigerer, die im Zusammenha­ng mit ausstehend­en Rundfunkbe­iträgen bereit waren, ins Gefängnis zu gehen. Das, so betont Eicher, sei überhaupt nicht im Interesse der Rundfunk- in Mrd. Euro 8,0 7,0 8,3 in Mrd. Euro 2,0

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