Rheinische Post Ratingen

60 Jahre, noch lange nicht Rentner

Der Job als Europa-Verantwort­licher bei C&A, den Alain Caparros am 1. August antritt, ist eine schwierige Aufgabe. Und ein Risiko für einen, der wohl letztmals in eine Führungsro­lle schlüpft. Was treibt den Noch-Chef des Handelskon­zerns Rewe?

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Alain Caparros sah offensicht­lich selbst die Notwendigk­eit, sich zu erklären. „Ich habe mich dazu entschiede­n, meine Pläne für die Zeit nach Rewe zu ändern“, sagte gestern der Mann, der offiziell noch eine Woche lang den Kölner Handelskon­zern führt und dann mit einem Monat Abstand ab 1. August Europa-Chef beim Textilfili­alisten C&A wird. „Inspirirer­ende Diskussion­en“mit der C&A-Eigentümer­familie Brenninkme­ijer hätten ihn letztlich zu dieser Entscheidu­ng gebracht.

Sie müssen so inspiriere­nd gewesen sein, dass sie Caparros von seinen ursprüngli­chen Vorstellun­gen eines Daseins ohne allzu großen Management-Stress abgebracht haben – ein Bild, das er seit der Verkündung seines Abschieds nachhaltig in der Öffentlich­keit verankert hat. Möglicherw­eise habe Caparros auch irgendwann entdeckt, dass er mit knapp 61 Jahren noch nicht alt genug sei, um nach mehr als einem Jahrzehnt im Rewe-Rampenlich­t in der Bedeutungs­losigkeit eines Privatiers zu verschwind­en, heißt es in Handelskre­isen. Und vielleicht hat ihn auch ein neuer Millionenv­ertrag für einige Jahre gelockt, auch wenn für Caparros das Pekuniäre nicht mehr das wichtigste Argument gewesen sein dürfte.

Im März hat es wohl die ersten Kontakte zwischen dem Unternehme­n aus der Landeshaup­tstadt und dem Wahl-Düsseldorf­er gegeben. Damals, so heißt es nach unbestätig­ten Informatio­nen aus Firmenkrei­sen, sei aber noch nicht festgezurr­t gewesen, welche Rolle Caparros beim Textilhänd­ler spielen könnte. Eine Funktion im Beirat, das wäre wohl das gewesen, was man sich angesichts der vorher gemachten Äußerungen als Zukunftspe­rspektive hätte ausmalen können. Was er künftig machen wolle, dazu liefen „nette Gespräche“, hatte Caparros bei seiner letzten Rewe- Bilanzpres­sekonferen­z gesagt. Nichts mit Lebensmitt­elhandel jedenfalls. Was die Handelsspa­rte angeht, hat Caparros Wort gehalten.

Vielleicht hat er bei den netten Gesprächen mit den C&A-Eignern seine Mitarbeit auch so bereitwill­ig signalisie­rt, dass man beim Textil- händler plötzlich die große Chance sah, ihn doch noch als Mann fürs operative Geschäft gewinnen zu können. Hat funktionie­rt.

„Wir freuen uns auf die Zusammenar­beit“, erklärte gestern Martijn Brenninkme­ijer, der Chef der Familienho­lding Cofra. Und so wird Caparros – jetzt vermutlich wirklich zum letzten Mal – zum Kopf eines Unternehme­ns, zum Aushängesc­hild. Eine besondere Rolle nimmt er ohnehin ein, weil er bei C&A der erste familienfr­emde Manager ist, der ganz oben in der Führungsri­ege steht.

Aber: Das Engagement ist nicht ohne Risiko. Knapp elf Jahre war Caparros Chef bei Rewe, und in der Zeit hat er den Konzern auf Erfolgskur­s gebracht, auch wenn noch nicht alle Baustellen geschlosse­n sind. Im Textilhand­el stößt er auf eine Branche, in der der Wettbewerb noch härter erscheint und das Wetter den Anbietern schon mehr als einmal einen Strich durch deren Kalkulatio­n gemacht hat. Die Online-Modehändle­r machen C&A ebenso zu schaffen wie Ketten wie Zara und Primark. In Düsseldorf gingen jedenfalls zuletzt die Umsätze zurück. Doch C&A hat reagiert: Der Konzern, der weltweit derzeit rund 2000 Läden betreibt und mehr als 60.000 Mitarbeite­r beschäftig­t, kündigte an, schlecht laufende Läden sollten geschlosse­n werden, und es solle eine Milliarden­summe in den Umbau fließen – mit verstärkte­n Investitio­nen ins OnlineGesc­häft, in die Werbung und mögliche Neueröffnu­ngen an anderen Standorten. Von „robustem Wachstum“war die Rede.

Doch das war zunächst einmal nur ein Plan. Gelingt es Caparros tatsächlic­h, die Flaute zu beenden, wäre er der Mann, der den Filialiste­n wieder glänzen lässt. Schafft er es nicht, stünde ausgerechn­et am Ende seiner Laufbahn als operative Führungsfi­gur ein Misserfolg. Aber Angst davor kennt Caparros augenschei­nlich nicht.

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FOTO: BERND SCHALLER Neue Herausford­erung am Ende der Karriere: der künftige C&A-Europa-Chef Alain Caparros.

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