Rheinische Post Ratingen

„Wir sprechen mit einer begrenzten Zahl von Investoren, sind aber in

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

einem frühem Stadium“

ISSUM Als der Metzgersso­hn Josef Diebels sich vor 140 Jahren mit einer eigenen Export-Brauerei selbststän­dig machen wollte, wehte ihm ein rauer Wind entgegen. Die etablierte­n Hausbrauer­eien am Niederrhei­n hatten nur wenig Lust, sich von einem Neuling das Geschäft streitig machen zu lassen. Ohnehin gingen nur wenige davon aus, dass sich Diebels in Issum lange am Markt würde behaupten können. Doch der junge Brauerei-Besitzer bewies Durchhalte­vermögen und nahm am 6. Oktober 1878 unerschroc­ken die Dampfbraue­rei Josef Diebels Isssum in Betrieb. Dank der Technikbeg­eisterung des jungen Gründers und der guten Verkehrsan­bindung überstieg die Produktion schnell diejenige der Konkurrenz. Bereits 1898 kam Diebels auf 10.000 Hektoliter, 1928 waren es 24.500 Hektoliter, 1967 braute Diebels 175.000 Hektoliter.

Damals wurde Diebels noch nicht als reine Altbiermar­ke verstanden. Alle in Deutschlan­d gängigen Biersorten wurden in Issum hergestell­t. Erst in den 1970er-Jahren fiel die Entscheidu­ng, dass sich Diebels ausschließ­lich auf Altbier konzentrie­ren solle. Die Strategie ging auf: 1981 wurde erstmals die MillionGre­nze geknackt. Diebels entwi- ckelte sich zur beliebtest­en und am weitesten verbreitet­en Alt-Marke der Republik (Werbe-Jingle: „Ein schöner Tag, die Welt steht still ...“). Seinen Zenit erreichte die Issumer Brauerei 2001. Damals kletterte der Bieraussto­ß auf 1,6 Millionen Hektoliter Alt.

Von den alten Glanzzeite­n ist nicht mehr viel übrig. 2001 verkaufte die Diebels-Familie ihre Anteile an die belgische InterbrewG­ruppe für umgerechne­t rund 100 Millionen Euro. Der Verkauf gilt gemeinhin als Ausgangspu­nkt für den einsetzend­en Bedeutungs­verlust der Marke: Der Absatz ging laut Fachmagazi­n „Inside Getränke“binnen 15 Jahren von 1,6 Millionen auf knapp 350.000 Hektoliter (2016) zurück. Auch das vom neuen Eigner erweiterte Sortiment – beispielsw­eise um ein Pilsener – konnte diesen Trend nicht umkehren. Zwar trinken die Deutschen weiterhin vergleichs­weise viel Bier: Jeder Deutsche hat 2016 im Durchschni­tt rund 74 Liter Bier und Biermix-Getränke gekauft und hat dafür knapp 90 Euro ausgegeben, wie das Marktforsc­hungsinsti­tut Nielsen ermittelte.

Dass die Zahlen einigermaß­en stabil ausfielen, liegt aber vor allem an der neuen Lust der Deutschen auf Craft-Biere. Diebels wird allerdings immer noch überwiegen­d mit Altbier assoziiert. Und diese Bier- Sprecher von AB Inbev sorte kämpft mit sinkendem Absatz: Nach Angaben von Nielsen hatte Altbier 2016 einen Marktantei­l von gerade einmal 0,8 Prozent, zehn Jahre zuvor waren es 1,5 Prozent.

Noch halten sich im Lager der potenziell­en Käufer alle Beteiligte­n bedeckt: „Diese Themen werden von uns grundsätzl­ich nicht kommentier­t“, sagte ein Bitburger-Sprecher auf Anfrage. Auch bei der zum Oetker-Konzern gehörenden Radeberger-Gruppe sagte eine Sprecherin, Marktgerüc­hte würden nicht kommentier­t. Über Akquisitio­nsthemen werde dann gesprochen, wenn diese spruchreif seien. Während Bitburger selbst noch kein Altbier im Sortiment führt, hat Radeberger mit Schlösser bereits eines der obergärige­n Biere im Programm.

Dass es eine Verkaufsab­sicht für Diebels und die Hasseröder Braue- rei in Wernigerod­e gibt, daran besteht indes kein Zweifel. Ein AB-Inbev-Sprecher hatte nach Bekanntwer­den der Verkaufsge­rüchte erklärt: „Wir sprechen mit einer begrenzten Zahl von Investoren, die eine fokussiert­ere Strategie für diese Marken fahren könnten. Aber wir sind noch in einem sehr, sehr frühen Stadium.“Wie die Nachrichte­nagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, soll die Deutsche Bank das Geschäft abwickeln.

Sollte ein Deal mit einem deutschen Bier-Konzern zustande kommen, dürfte alles recht schnell gehen. Kartellrec­htlich müsste ein solches Geschäft zwar angemeldet werden, große Probleme dürfte es aber nicht bereiten, da der Biermarkt in Deutschlan­d nicht sehr stark konzentrie­rt ist. Für Diebels brechen unruhige Zeiten an.

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