Rheinische Post Ratingen

Internet vertreibt Einsamkeit

Ein Witwer lernt in „Monsieur Pierre geht online“Datingport­ale kennen.

- VON ELENA ERBRICH

Seit dem Tod seiner Frau igelt sich Pierre in seiner Wohnung ein. Er geht nicht einkaufen, will niemanden sehen. Das Einzige, was er will, ist, alte Filmaufnah­men seiner Frau anzusehen. Gestört wird der Witwer in seiner Einsamkeit aber ab und zu von seiner Tochter Sylvie, die ihm auch noch den Freund ihrer Tochter Juliette vor die Nase setzt. Alex soll ihm zeigen, wie man einen Laptop bedient und im Internet surft. Das hat Folgen.

In der Verwechslu­ngskomödie „Monsieur Pierre geht online“schlüpft der 82-jährige Pierre Richard nicht in die Rolle eines Tollpatsch­es, wie man ihn aus vielen früheren Filmen kennt, sondern in die eines Poeten á la Cyrano de Bergerac. In dem berühmten gleichnami­gen Versdrama aus dem 19. Jahrhunder­t bezaubert Cyrano, der wunderbare Verse schreibt, aber unter seiner großen Nase leidet, seine Angebetete mit seinen Worten. Die denkt indes, sie kämen von ihrem Schwarm Christian. Cyrano hält sich nämlich wegen seiner Komplexe im Hintergrun­d. Der neue französisc­he Film zeigt, dass dieses Muster problemlos in das Online-Zeitalter übertragba­r ist.

Es dauert nicht lange, bis Pierre auf ein Datingport­al stößt. Ein Foto für sein Profil nimmt er von Alex, er sieht ja zu alt aus. Und schwups, hat er eine junge Frau an der Angel. Flora gefällt die Art, wie Pierre schreibt, und will ihn kennenlern­en. Der Senior blüht auf. Da Alex als erfolglose­r Autor in Finanznöte­n steckt, wil- ligt er ein, für Pierre zum Date zu gehen, schließlic­h denkt Flora, er wäre der Schreiber. Nach dem Treffen steht fest: Flora hat sich verliebt. In Alex’ Küsse und Pierres geschriebe­ne Worte. Doch sie weiß nicht, dass hinter der Person, die sie mag, zwei Männer stecken.

Der deutsche Titel des Films versucht an die Welle der französisc­hen Titel, die mit „Monsieur“beginnen, anzudocken und lockt so Fans französisc­her Komödien ins Kino. Die werden nicht enttäuscht. Der Film ist aber nicht nur lustig. Es geht auch um den Verlust geliebter Menschen. Dabei bekommt der Film immer wieder die Kurve, damit es für den Zuschauer nicht allzu traurig wird. Dass das gelingt, liegt vor allem an den Protagonis­ten. Richards ruhiges Spiel und seine perfekt eingesetzt­e Mimik überzeugen. Er und Yaniss Lespert, der den Alex spielt, harmoniere­n vor der Kamera. Auf eine leise Art sorgen beide für Lacher. So muss der Zuschauer schmunzeln, wenn Alex am Telefon fragt, ob Pierre, der gerade am Laptop sitzt, denn auch das Fenster geöffnet hat. Der Witwer steht dann nämlich auf und öffnet das Fenster nach draußen. Monsieur Pierre geht online, Frankreich 2017 – Regie: Stéphane Robelin, mit Pierre Richard, Yaniss Lespert, Fanny Valette, 96 Min.

 ?? FOTO: DPA ?? Der eine hat die Worte, der andere die Jugend: Monsieur Pierre (Pierre Richard, l.) mit Alex (Yaniss Lespert).
FOTO: DPA Der eine hat die Worte, der andere die Jugend: Monsieur Pierre (Pierre Richard, l.) mit Alex (Yaniss Lespert).

Newspapers in German

Newspapers from Germany