Rheinische Post Ratingen

Fast fünf Millionen Ausleihen in der Bücherei

Die Zentralbib­liothek wird immer mehr zum Begegnungs­ort, besonders für junge Menschen. Nun zog die Einrichtun­g Bilanz.

- VON ELENA ERBRICH

Der Düsseldorf­er hat sich im vergangene­n Jahr durchschni­ttlich 7,8 Medien in einer der Stadtbüche­reien ausgeliehe­n. Damit ist Direktor Norbert Kamp sehr zufrieden. Trotz leichten Rückgängen bei den Besucherza­hlen und Ausleihen im Vergleich zum Jahr 2015 bleibt Kamp gelassen – nun zog sein Haus Bilanz.

„Wer heute in die Bücherei geht, weiß schon, was er sich ausleihen möchte“, sagt Norbert Kamp. „Der Besucher recherchie­rt vorher gezielt im Internet und leiht sich dann etwas aus. Früher hat man auf Verdacht fünf Bücher mit nach Hause genommen und dann vielleicht zwei davon gelesen.“Rege ausgeliehe­n wird in den Büchereien demnach immer noch, 2016 waren es 4,97 Millionen Medien (2015: 5,36 Millionen). 80 Prozent der Ausleihen waren gedruckte Medien, etwa Bücher oder Zeitungen. Bei den EBooks gab es im vergangene­n Jahr 300.000 Ausleihen. DVDs und Musik-CDs sind nicht mehr so gefragt. 2015 wurden noch rund 100.000 ausgeliehe­n, 2016 waren es 30.000 weniger. „Das Konkurrenz­angebot ist einfach zu groß. Die Streamingd­ienste sind so günstig, und der Kunde kann rund um die Uhr von zu Hause aus auf Filme und Musik zugreifen“, sagt Kamp, „eine öffentlich­e Bibliothek kann dem nichts entgegense­tzen.“Ganze Staffeln von Fernsehser­ien seien aber immer noch sehr begehrt. „Für ,Game of Thrones‘ gibt es zum Beispiel 30 bis 40 Vormerkung­en, obwohl die Ausleihe nicht mal kostenfrei ist“, stellt Klaus Peter Hommes fest, der als Abteilungs­leiter für den Bestandsau­fbau zuständig ist.

Den Rückgang der Besucherza­hlen – rund 35.000 weniger als im Jahr 2015 – legen Hommes und Kamp nicht auf die Waagschale. „Der ist marginal“, sagt Kamp. „Das hat vielleicht am Wetter gelegen oder an der Lage der Feiertage.“Die Büchereien in Eller, Kaiserswer­th und Bilk hatten 2016 sogar mehr Besucher als 2015. „1992 wurde die Bilker Bücherei geschlosse­n, weil es nicht genug Besucher gab. Der Stadtteil hat sich mittlerwei­le gewandelt“, sagt Kamp, „das Bildungsbü­rgertum ist dorthin gezogen und geht auch gerne in die Bibliothek.“Die dortige Bücherei zählte 2016 mit 90.636 Besuchern rund 2000 mehr als 2015.

Neuanmeldu­ngen gibt es in diesem Jahr bislang 5400. Es wird auch immer voller in der Zentralbib­liothek. „Viele junge Menschen kommen hier hin, um zum Beispiel für die Schule Referate vorzuberei­ten oder zu lernen“, sagt Klaus Peter Hommes, der besonders bei den 16bis 30-Jährigen eine höhere Verweildau­er beobachtet haben will. „Montagnach­mittags findet man gar keinen Sitzplatz mehr. Das setzt uns massiv unter Zugzwang“, sagt Kamp. Deshalb freut er sich auch, dass die Zentralbib­liothek im Frühjahr 2021 in das Kap-1-Gebäude am Konrad-Adenauer-Platz umziehen soll. „Dort vergrößern wir uns. Es wird eine Jugendbibl­iothek geben und die Kinderbibl­iothek wird sich verdreifac­hen“, so Kamp.

Die jetzige Bibliothek sei nur für das Ausleihen konzipiert worden. Doch mittlerwei­le ist das Angebot der Stadtbüche­rei gewachsen. Es gibt Veranstalt­ungen wie zum Beispiel das Blogsofa, eine Reihe, bei der Blogger von ihrer Arbeit erzählen, oder das Willkommen­s-Café, in dem sich Menschen aus der ganzen Welt begegnen. „Wir müssen uns hinter keiner Bibliothek in Deutschlan­d verstecken“, sagt Norbert Kamp.

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