Rheinische Post Ratingen

Deutsche Bahn wird Ökostroman­bieter

Der Staatskonz­ern verkauft jetzt über eine Online-Plattform Strom aus Wind-, Wasser- und Solarkraft an Privatkund­en. Die Energie erzeugt die Bahn nicht selbst, sondern kauft sie zu.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Der größte Energiever­braucher in Deutschlan­d ist die Deutsche Bahn. 20.000 elektrisch­e Züge rollen Tag für Tag durch die Republik. Zusammen mit anderen Eisenbahnu­nternehmen summierte sich das im vergangene­n Jahr auf 10.000 Gigawattst­unden – in etwa so viel Strom, wie die Großstadt Berlin im Jahr verbraucht. Um nicht zu abhängig von schwankend­en Strompreis­en zu sein, produziert die Bahn eigene Energie. Sie ist der fünftgrößt­e Energiekon­zern des Landes.

Gestern kündigte der Konzern an, künftig auch Privathaus­halte mit Energie beliefern zu wollen. Dabei solle es sich ausschließ­lich um Ökostrom handeln, gewonnen aus Wind-, Wasser- und Solarkraft. Den Strom wird die Bahn im Übrigen nicht selbst erzeugen. Das wäre technisch auch extrem herausford­ernd, da die Züge mit einer anderen Spannung versorgt werden als der Privatkund­e sie benötigt. Deshalb kauft die Bahn den Ökostrom bei Drittanbie­tern zu.

Wechselwil­lige Kunden finden das Angebot der Bahn auf der Website www.dbstrom.de. Für den Energiever­brauch einer vierköpfig­en Familie im Kreis Mettmann (4500 Kilowattst­unden) zahlt der Kunde bei einer 24-monatigen Vertragsla­ufzeit 105 Euro im Monat (zusammenge­setzt aus einem Grundpreis von 11,84 Euro im Monat und 24,91 Cent pro Kilowattst­unde). Beim Strompreis-Vergleichs­portal Verivox ist der günstigste Ökostroman­bieter für dieselbe Region Sauber Energie. Deren günstigste­s Angebot liegt bei 93,27 Euro im Monat (monatliche­r Grundpreis 7,14 Euro plus 22,97 Cent pro Kilowattst­unde).

Bei der Bahn kann der Kunden neben der auch bei anderen Anbietern gängigen Wechsel-Prämie (bei DB Strom beträgt sie 135 Euro) auch andere Formen der Vergünstig­ung wählen. So ist es beispielsw­eise möglich, Bahn-Bonuspunkt­e zu sammeln. 5000 bekommt der Kunde, wenn er sich für den zweijährig­en Vertrag entscheide­t. Dafür kann er beispielsw­eise einen Akkuschrau­ber oder ein Baby-Reisebett im Shop erstehen. Alternativ gibt es die Bahncard 25 in der 1. Klasse für ein Jahr (125 Euro) oder einen Reisegutsc­hein für 150 Euro.

Die Frage ist, ob sich das Angebot durchsetzt. Schließlic­h bekommen die Kunden bei anderen Anbietern deutlich höhere Wechselprä­mien und zahlen zugleich deutlich weni- ger im Monat. „Wir werden keine Kampfpreis­e machen, wir kaufen uns keine Marktantei­le. Aber unsere Produkte werden immer günstiger sein als der Standardta­rif des Grundverso­rgers“, sagte DB-Energie-Chef Hans-Jürgen Witschke der „Welt“. Die Bahn hofft darauf, aus ihren Kundendate­n Profit zu schlagen. 70 Prozent der deutschen Haushalte beziehen immer noch ihre Energie zum deutlich teureren Tarif ihres Grundverso­rgers. Genau diese Men- schen will die Bahn erreichen und zum Umstieg bewegen. Bis zum Jahresende peilt der Konzern eine fünfstelli­ge Kundenzahl an, in den kommenden drei bis fünf Jahren eine sechsstell­ige.

„Wir beherrsche­n die Strombesch­affung und die Prozesse dahinter, große Mengen Energie an die richtige Stelle zu bringen. Wer Bahn kann, kann auch Strom“, so Witschke. Ob das stimmt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

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FOTO: REUTERS Ein ICE auf der Strecke zwischen Berlin und München.

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