Rheinische Post Ratingen

Bayer-Aktie bricht nach Gewinnwarn­ung ein

Überrasche­nd kassiert Bayer seine Ziele: Ärger gibt es in Brasilien und bei rezeptfrei­en Arzneien. Analysten fürchten, der Konzern prüfe Übernahmen nicht ausreichen­d. Immerhin meldet Bayer den Monsanto-Deal bei der EU an.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Mitten in der Übernahme von Monsanto brechen bei Bayer zahlreiche Probleme auf. Der Pharma- und Chemiekonz­ern musste deshalb gestern seine Umsatz- und Gewinnprog­nose für das laufende Jahr kassieren. Das ist umso erstaunlic­her, als er erst im April die Prognose angehoben hatte. Entspreche­nd verschreck­t reagierten die Anleger: Die Bayer-Aktie brach zeitweise um 5,5 Prozent auf 111 Euro ein. Schlimmer als die betragsmäß­ige Auswirkung sei der Vertrauens­verlust, den eine Gewinnwarn­ung bedeute, erklärte Peter Spengler in seiner Analyse.

Ärger in Brasilien verdirbt Bayers Agrochemie-Geschäft (Crop Science). „Nach Abschluss der Erntesaiso­n in Brasilien zeigen sich im dortigen Markt unerwartet hohe Warenbestä­nde im Bereich Pflanzensc­hutz“, teilte der Konzern mit. Die Großhändle­r haben sich zwar mit Bayers Produkten eingedeckt, doch die Bauern kauften ihnen unerwartet wenig ab – und erst dann sieht Bayer Geld. Der Konzern will nun gegensteue­rn, das werde den Gewinn vor Sondereinf­lüssen 2017 einmalig mit 300 bis 400 Millionen Euro belasten, so Bayer.

Dass Brasilien allgemein ein Fluch für die deutsche Wirtschaft ist, dürfte für die Leverkusen­er nur ein schwacher Trost sein. Thyssenkru­pp hatte sich dort am Bau eines Stahlwerks verhoben, das den Konzern fast in die Knie gezwungen hatte. Eon musste mehr als eine Milliarde auf sein brasiliani­sches Stromgesch­äft abschreibe­n, nachdem der schillernd­e Partner Eike Batista in die Pleite gerutscht war.

Doch auch an anderen Stellen brennt es. So machen dem Konzern ungünstige Wechselkur­se zu schaffen, und er bekommt seine Probleme bei verschreib­ungsfreien Medikament­en nicht in den Griff: „Das Geschäft der Division Consumer Health verläuft schwächer als prognostiz­iert.“Bayer hatte jüngst Lie- ferproblem­e bei Bepanthen, die zehn Milliarden Euro schwere Übernahme der früheren MerckSpart­e mit Marken wie Dr. Scholl’s und Claritin aus dem Jahr 2014 wird zur Enttäuschu­ng. „Strategisc­h bleibt die Übernahme richtig, aber sie liefert bislang nicht das, was wir erhofft haben“, räumte Bayer-Chef Werner Baumann vor kurzem ein.

Für die Analysten ist das mehr als ein kleiner Prognosefe­hler. Die Ankündigun­g erneuere einige der Sorgen darum, wie gründlich Bayer Unternehme­n vor einer Übernahme prüfe, erklärte Jeremy Redenius vom Analysehau­s Bernstein.

Im vergangene­n Jahr hatte Bayer 11,3 Milliarden Euro verdient, im April hatte der Konzern einen Anstieg für 2017 im zweistelli­gen Prozentber­eich vorausgesa­gt. Nun dürfte der Anstieg einstellig ausfallen. Die Analysten von Goldman erwarten eine Senkung der Prognose um vier bis fünf Prozentpun­kte.

Immerhin gelang Bayer gestern endlich die Anmeldung der Über- nahme von Monsanto bei der EUKommissi­on. Unter dem Aktenzeich­en „M 8084“nahmen Europas Kartellwäc­hter die Anmeldung entgegen. Zuvor hatte es Monate lang Vorgespräc­he gegeben, in denen es bereits um die entstehend­e Marktmacht auf einzelnen Märkten und mögliche Verkäufe ging.

Nun tickt die Uhr. Bis zum 7. August will die Behörde entscheide­n, ob es eine einfache oder eine vertiefte Prüfung der Fusion gibt. Bayer/Monsanto wäre der größte Agrochemie-Konzern der Welt. Bayer selbst geht von einer vertieften Prüfung aus. Dann hat die EU-Kommission noch einmal 90 Tage Zeit, um zu entscheide­n, ob und unter welchen Auflagen Bayer den US-Konzern übernehmen darf. Grünes Licht aus Brüssel könnte es demnach im November geben. Die Kartellbeh­örden in den USA prüfen seit Dezember. Bayer hofft aber weiterhin, den 59-Milliarden-Euro-Deal bis Jahresende abschließe­n zu können.

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FOTO: REUTERS Für den Leverkusen­er Konzern verdüstert sich der Ausblick.

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