Rheinische Post Ratingen

NRW ist der Verlierer der Energiewen­de

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Kurz vor Toreschlus­s hat der Bundestag gestern Gesetze beschlosse­n, die sich vielverspr­echend anhören: Danach sollen die Netzentgel­te bundesweit angegliche­n und die Kosten des Ausbaus gerecht verteilt werden. Gleich und gerecht klingt gut. Tatsächlic­h verschärft das Gesetz die Benachteil­igung von NRW – und das hat nichts mit RWE und Eon zu tun.

Bislang galt, dass die vier Übertragun­gsnetzbetr­eiber, darunter Amprion, in ihren Gebieten jeweils eigene Entgelte festlegten. An der Küste waren sie höher als im Westen, weil dort viel Windstrom produziert wird und die Netze aufgerüste­t werden müssen. Nun sollen die Kosten für den Ausbau auf alle überwälzt werden. Für Verbrauche­r und Betriebe in Nordrhein-Westfalen wird es teurer, damit es für Nord- und Ostdeutsch­e billiger wird.

Das könnte man hinnehmen, wenn die Energiewen­de als gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe geschulter­t wird. Doch das wird sie nicht. An

Hartz IV-Bezieher aus NRW bezahlen den bayerische­n Bauern die Solardäche­r. Nun soll NRW den Ostdeutsch­en auch noch den Netzausbau finanziere­n und den Mieterstro­m stemmen.

anderer Stelle ist Bundesregi­erung und Bundesrat eine Ungleichbe­handlung egal. So holten die Bayern zuletzt 5,1 Milliarden Euro und damit mehr als doppelt so viel wie die Nordrhein-Westfalen aus dem Topf der Ökostrom-Förderung heraus, in den NRW-Bürger 150 Prozent von dem der Bayern einzahlen. Der Hartz IV-Bezieher aus dem Ruhrgebiet finanziert dem bayerische­n Bauern die Solaranlag­e auf dem Dach. Das liegt in der verqueren Logik der Ökostrom-Förderung.

Und durch Nachbesser­ungen wird alles schlimmer. Gestern gab der Bundestag auch grünes Licht für das Mieterstro­m-Gesetz. Wieder so ein sympathisc­hes Wort, hinter dem sich Unheil verbirgt. Mieter, die Sonnenstro­m vom Dach beziehen, sollen künftig eine Förderung erhalten. Doch nur ein Bruchteil der Mieter kann sich die Beteiligun­g am Solardach leisten, nur ein Bruchteil der Häuser ist dafür technisch geeignet. Folge: Eine Minderheit profitiert, die Masse der Stromkunde­n (gerade in NRW) zahlt.

Nicht nur im Stromnetz nehmen die Spannungen zu, auch in der Energiewen­de-Gesellscha­ft. Es wird Zeit für eine grundlegen­de Reform der Ökostrom-Förderung. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

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