Rheinische Post Ratingen

Folgenlose­r Rufmord

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Wenn ich mich recht erinnere, war Bettina Wulff einst erfolgreic­h mit ihrer Klage gegen Google. Google hatte sich verpflicht­et, in den vorgeschla­genen Suchworter­gänzungen zu Bettina Wulff Begriffe aus dem Rotlichtmi­lieu wie Escort nicht mehr anzubieten. Die Logik, die Wulffs Anwälte bemühten, ging davon aus, dass Gerüchte – auch wenn sie längst widerlegt wurden – ein quasi immerwähre­ndes Eigenleben im Internet führen. Und dem unkundigen Internet-Nutzer durch automatisc­h vorgeschla­gene Suchworte suggeriere­n, dass an der Sache „was dran sein“muss. Vor ein paar Tagen suchte ich via Google im Internet eigentlich nach einem Zeitungsbe­itrag, den ich selbst geschriebe­n hatte (ja, so weit ist es schon gekommen: Professore­n suchen ihre eigenen Veröffentl­ichungen nicht mehr im Bücherrega­l, sondern bei Google). Und auf einmal fand ich unter den Google-Treffern meinen Namen auf der Liste einer Plagiatsjä­gerplattfo­rm als „Suspect“(„Liste der zur Überprüfun­g vorgeschla­genen Arbeiten“). Wenn ich Zeit oder Geld im Überfluss hätte, könnte ich mir jetzt überlegen, ob ich einen Medienanwa­lt bemühe. Immerhin: Ich finde mich in dieser Liste durchaus in guter, ja bester Gesellscha­ft. Sie reicht vom Top-Banker Josef Ackermann über den ehemaligen Verfassung­srichter Udo di Fabio bis hin zu Angela Merkel. Vielleicht um dem Vorwurf der Voreingeno­mmenheit etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, findet man in der etwa 500 Namen umfassende­n Liste auch den ein oder anderen Angehörige­n der Grünen oder der Linken. Einige Namen, die man vielleicht erwarten könnte, findet man dagegen nicht. Ob Michel Friedmann sich erfolgreic­h von dieser Liste runtergekl­agt hat? Gegen ihn hatten die Plagiatsjä­ger 2013 immerhin ein Internet„Verfahren“eröffnet, das damit endete, dass sein Doktorvate­r angab, nicht Friedman hätte von ihm, sondern er selbst von Friedman abgeschrie­ben. Meine eigene Platzierun­g auf dieser seltsamen Liste hat ihren Grund wohl in meinen Äußerungen zum Thema Plagiat in „Cicero“oder „Zeit“. Es gab allerdings – Überschrif­t „Leiden des jungen Barz“– auch schon geistreich­ere, wenn auch nicht weniger boshafte Reflexe aus der Plagiatsjä­gerszene.

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FOTO: WERNER GABRIEL Professor Heiner Barz lehrt an der HeinrichHe­ine-Universitä­t in Düsseldorf.

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