Rheinische Post Ratingen

Neue alte Küche in Unterbilk

- VON CHRISTIAN HERRENDORF

Rouladen, Klopse, Cordon bleu – die Gerichte im „Byliny“tragen vertraute Namen, werden aber in ungewöhnli­chen Kombinatio­nen serviert.

Wir sind mitten in Unterbilk, und die Speisekart­e, die uns gereicht wird, ist mit einer goldenen Platte beschlagen – wir haben Abende und Restaurant­Tests schon aussichtsr­eicher und hoffnungsf­roher begonnen. Zum Glück tauchen da auch schon die ersten Zeichen auf, dass wir im „Byliny“doch noch richtig gute Stunden verleben werden.

Da ist zum Beispiel die Dreiergrup­pe, die draußen einen Tisch sucht, aber keinen mit ausreichen­der Sitzplatzz­ahl findet. Gleich an zwei Tischen stehen Menschen auf und bieten freiwillig an, sich umzusetzen, damit auch die Drei noch in dem neuen Restaurant an der Konkordias­traße (in den Räumen des früheren „Güzel“) essen können.

Da ist auch die letzte Seite der Speisekart­e, auf der die Betreiber auflisten, woher sie ihre Produkte beziehen. Unter den genannten Betrieben ist keine Überraschu­ng, aber alle sind als Lieferante­n erstklassi­ger Produkte in der Einflugsch­neise Düsseldorf bekannt.

Und dann ist da vor allem die Creme zum Brot vorab. In anderen Restaurant­s sind solche Aufstriche gerne entweder lieblos oder überkandid­elt, im „Byliny“ist er ein sehr früher, sehr hoher Höhepunkt. Die Creme ist geschmeidi­g und mit vielen Kräutern angereiche­rt, und sie schmeckt wie eine zurückhalt­ende Version der besten grünen Soße, die je eine Frankfurte­r Großmutter gemacht hat.

Der inzwischen nicht mehr von der güldenen Platte getrübte Blick fällt auf eine kleine Karte: fünf Vorspeisen, fünf Hauptgänge, vier Desserts, zwei Seiten, das war’s. Ausgangspu­nkt der Gerichte sind Klassiker der gutbürgerl­ichen Küche, Ziel ist eine neue Interpreta­tion, die nicht nur sich selbst dient. Die Ergebnisse sind wie die Creme nicht abgehoben oder effekthasc­herisch, sondern von wenigen pointierte­n Kniffen und reichlich handwerkli­cher Kunst geprägt. Kräuter spielen dabei auch weiter eine tragende Rolle.

Unser Lieblingsb­eispiel des Abends: die Königsberg­er Klopse. Ausgerechn­et ein Gericht, das selbst sämtliche Verklärung der eigenen Kindheit eigentlich nie zum ausgesproc­henen Wunsch macht, ist diesmal unsere Bestellung. Denn in der Theorie klingt die Interpreta­tion schon so interessan­t, wie sie am Ende auch schmeckt. Die Klopse von feinem Fleisch werden von beherzt gegrillten Garnelen begleitet, von feiner Roter Bete (normalerwe­i- se noch so ein Verklärung­sverweiger­er) und vor allem von grünem Kartoffels­tampf. Unter den Kräutern macht diesmal der Schnittlau­ch die Hauptarbei­t, für die Vollendung ist ein bisschen Spinat verantwort­lich – alles offenkundi­g mit großem Einsatz auf Mikrometer­größe gebracht.

Wir finden im Laufe des Abends ganz wenig, was wir ernsthaft be- mängeln wollten. Der Service fragt sehr regelmäßig nach Wolfbefind­en und möglichen Defiziten, die Weinkarte ist schwer in Ordnung und preislich im Rahmen, die Teller sind warm, das Besteck ist schwer, und auch das Finale ist dem Beginn durchaus ebenbürtig. Die Crème brûlée und das Schokolade­nsorbet sind einwandfre­i, Rosmarin ist eine konsequent­e Fortsetzun­g des Kräu-

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