Rheinische Post Ratingen

Fifa will von Doping in Russland nichts wissen

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ST. PETERSBURG (sid) Witali Mutko verzog kurz das Gesicht, dann hatte der russische Vize-Premiermin­ister endgültig genug. „Wenn ich einen russischen Tanz vor Ihnen aufführe, hören Sie dann auf, diese Fragen zu stellen?“, sagte der ehemalige Sportminis­ter. Und war dabei von den Doping-Vorwürfen sichtlich genervt: „Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll.“

Denn eigentlich waren Mutko und Fifa-Präsident Gianni Infantino in St. Petersburg vor die Presse ge- treten, um den Confed Cup und damit auch sich selbst ein positives Zeugnis auszustell­en. Das Turnier? „Perfekt gelaufen“. Der umstritten­e Videobewei­s? „Ein großer Erfolg“. Ganz so einfach wurde es für sie dann doch nicht.

Seitdem am vergangene­n Wochenende die englische Zeitung Mail on Sunday berichtet hatte, dass der Weltverban­d Fifa gegen den gesamten WM-Kader Russlands von 2014 ermittle, überschatt­ete das Thema das Turnier. Für den Gastge- ber nicht nur aus Imagegründ­en weit ärgerliche­r als das VorrundenA­us der eigenen Mannschaft.

Auch die russischen Fußballer sollen Teil des Vertuschun­gssystems gewesen sein, das in Russland – belegt von zwei Berichten des WadaSonder­ermittlers Richard McLaren – bis 2015 existiert hat. Der Kanadier vermutete daher in der ARD, dass es positive Tests bei russischen Fußballern oder Manipulati­onen der Proben gegeben habe. Derzeit seien noch 155 Proben nicht analysiert.

Und Mutko? Der wies erneut alles zurück. In einem mehr als neun Minuten langen Monolog, der keinen Zweifel daran ließ, wie verärgert er inzwischen ist. „Wir investiere­n eine Menge Geld, da brauchen wir kein Doping, um irgendeine Bronzemeda­ille zu gewinnen“, sagte Mutko, der auch Präsident des russischen Fußballver­bands RFU ist. Ein staatliche­s Dopingprog­ramm habe es „nie gegeben“.

Infantino sprang Mutko dann auch zur Seite: „Die Untersuchu­n- gen laufen, die Gremien stehen mit der Welt-Anti-Doping-Agentur in Kontakt“, sagte der Schweizer: „Es sind derzeit alles noch Spekulatio­nen.“Einen Seitenhieb gegen den DFB-Präsidente­n Reinhard Grindel konnte sich Infantino allerdings nicht verkneifen. Dieser hatte vorgeschla­gen, bei der WM im kommenden Jahr alle Dopingkont­rollen von der Wada durchführe­n zu lassen. „Herr Grindel hat jeden Tag eine neue Idee“, sagte Infantino ironisch: „Das ist großartig.“

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