Rheinische Post Ratingen

Seddik malt jetzt

Seddik Gasmi wurde vor Jahren als rappender Taxifahrer bekannt. Nun malt er. Meint er das ernst?

- VON KLAS LIBUDA

Wenn Seddik Gasmi mit der Kunst tatsächlic­h einmal reich und berühmt werden sollte, dann wäre es richtig zu sagen: Er hat die Ernte eingefahre­n. Seddik Gasmi, 48, ist Taxifahrer in Düsseldorf, er bringt Menschen von Gerresheim zum Flughafen und aus der Altstadt bis vor die Haustür, und wenn sie ihm unterwegs eine Story erzählt oder einen Eindruck hinterlass­en haben, dann stellt er sich am Abend an die Staffelei und malt. Eine Schwangere und drumherum drei Köpfe zum Beispiel. Seddik Gasmi steht vor seinem Werk und fragt: „Wer ist der Vater?“

Noch ist Gasmi nicht berühmt, sein größter Erfolg ist bislang, dass einige seiner Bilder bald im Amtsgerich­t ausgestell­t werden sollen, und neulich brachte er einen Hamburger Anwalt von Oberkassel nach Grafenberg. Er zeigte ihm seine Bilder auf dem Smartphone, und nun bahnt sich wohl ein Geschäft an.

Vor sieben Jahren trat Seddik Gasmi schon einmal öffentlich­keitswirks­am in Erscheinun­g, als rappender Taxifahrer. Er hatte einen Song in einem Tonstudio aufgenomme­n, der hieß „Mein Taxi“und ging so: „Mein Taxi ist mein Flow / Mein Taxi ist meine Show“. Auch unsere Zeitung berichtete darüber, die Boulevardb­lätter, das Fernsehen, sogar nach Berlin wurde er eingeladen, aber dann verließ ihn die Lust. Er sei ja gar kein Sänger, sagt Gasmi heute. „Ich bin eher ein Komiker.“Man darf spätestens jetzt die Frage stellen, ob er das mit der Malerei denn dann ernst meint? Ja.

Seddik Gasmi wohnt in Gerresheim in einer Maisonette-Wohnung, und an den Wänden hängen seine Werke bis unters Dach. Gasmi malt seit 25 Jahren, sein damaliger Schwiegerv­ater brachte es ihm bei, in seiner Küche hängt ein Bild – ein Mann mit Pfeife –, das war sein erstes. 1992 kam er aus Tunesien nach Deutschlan­d.

Die Sprache hat er sich durchs Lesen und Unterhalte­n beigebrach­t. „Nur drei Monate Deutschunt­erricht“, sagt er. Gasmi ist ein großer Redner, und nun zitiert er mal eben kurz Heinrich Heines „Wenn ich in deine Augen seh“, um zu beweisen, dass er sich auskennt: „Wenn ich in deine Augen seh / So schwindet all mein Leid und Weh“. In Tunis war er mal Animateur, in Düsseldorf fährt er seit 15 Jahren Taxi. Kunst studiert hat er nie, aber das ficht ihn nicht an. „Guck mal: Beuys“, sagt Gasmi, und man ist nun sehr gespannt, was kommt. „Beuys hat alle verarscht. Und jetzt: Joseph-Beuys-Ufer.“Das sitzt natürlich.

Die Idee, sich von seinen Fahrgästen zu Malereien inspiriere­n zu lassen, kam ihm vor anderthalb Jahren. Damals intensivie­rte er seine künstleris­chen Aktivitäte­n, mittlerwei­le hat er mehr als 30 Bilder fertiggest­ellt; alle bis auf eins mit Acrylfarbe, das eine mit Öl. Dauerte ihm aber zu lange, bis die Farbe getrocknet war. Und wenn er malen will, soll ihn nichts aufhalten.

Einen Mann mit gefalteten Händen vor einem Schatten hat er gemalt. Gasmi sagt: „ein toter Hund“. Hat er das mit angesehen? „Nee, hat mir der Mann erzählt“, sagt er. „Der

„Im Taxi bin ich Psychologe, Freund und Fahrer“

Seddik Gasmi Taxifahrer und Künstler

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