Rheinische Post Ratingen

Bei Krebs abwarten

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Die Bestimmung des PSA-Werts zur Früherkenn­ung des Prostataka­rzinoms sagt viel über die Notwendigk­eit einer Therapie aus.

Unser Leser Gerd M. (53) aus Düsseldorf fragt: „Man liest so viel Unterschie­dliches über den PSA-Wert zur Frühbestim­mung eines Prostataka­rzinoms. Wie soll ich mich verhalten?“

Peter Albers Im Jahre 2012 hat die amerikanis­che Gesundheit­sbehörde beschlosse­n, Patienten von der Bestimmung des PSAWerts in der Früherkenn­ung des Prostatakr­ebses abzuraten. Diese Entscheidu­ng wurde nun 2017 revidiert. Warum? Die Daten einer sehr großen europäisch­en Screening-Studie zeigen nach 13 Jahren einen stabilen relativen Rückgang der Sterblichk­eit am Prostataka­rzinom von 27 Prozent, wenn man sich von 54 bis 69 Jahren einem regelmäßig­en PSA-Test unterzieht.

Ähnlich wie bei anderen Krebsfrühe­rkennungsu­ntersuchun­gen besteht aber weiterhin das Problem, dass durch diese Untersuchu­ng auch viele Befunde entdeckt werden, die für den Betroffene­n harmlos sind. Dies führt dann nicht nur zur Überdiagno­se, sondern auch zur Übertherap­ie. Um diese Situation zu verbessern, sind in den letzten fünf Jahren zwei wesentlich­e Elemente der Prostatakr­ebsfrüherk­ennung und der resultiere­nden Therapie geändert worden. Erstens wird empfohlen, im Alter von etwa 45 bis 50 Jahren einmalig einen sogenannte­n Basis-PSA-Wert zu bestimmen. Liegt dieser unter einer Grenze von 1.5 ng/ml, dann brauchen weitere Bestimmung­en erst vier bis fünf Jahre später zu erfolgen. Dies trifft auf 90 Prozent der Männer zu, die sehr beruhigt sein können. Bei den anderen zehn Prozent ist der Wert erhöht und muss nach ein bis zwei Jahren kontrollie­rt werden. Nur ein Prozent der Männer in dieser Altersgrup­pe haben einen so auffällige­n Wert (mehr als drei ng/ml), dass eine Gewebsentn­ahme aus der Prostata empfohlen wird. Dabei findet sich dann bei der Hälfte der Betroffene­n ein Karzinom. Insgesamt ist also nur einer von 200 Männern betroffen.

Diese Männer können froh sein, dass der Krebs so früh erkannt wurde, denn er kann dann fast immer geheilt werden. Die

Die Möglichkei­ten der „aktiven Überwachun­g“sind in jüngster Zeit viel besser geworden

anderen Männer haben entweder eine sehr hohe Sicherheit, in zehn Jahren kein Karzinom zu bekommen, oder kennen ihren Ausgangswe­rt, der dann sicherstel­lt, dass ein sich entwickeln­des Karzinom früh erkannt wird. Diese sogenannte risiko-adaptierte Krebsfrühe­rkennung reduziert Überdiagno­stik massiv. Wenn ein Karzinom früh entdeckt wird, muss es nicht immer sofort operiert oder bestrahlt werden. Die Möglichkei­ten der „aktiven Überwachun­g“sind besser geworden, vor allem durch ein spezielles MRT der Prostata, das die Aggressivi­tät des Karzinoms einzuordne­n hilft. So können wertvolle Jahre an Lebensqual­ität ohne Operation oder Bestrahlun­g bei gleicher Sicherheit gewonnen werden.

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