Rheinische Post Ratingen

Brandschut­z: Banger Blick hinter die Fassade

Nach der Londoner Feuerkatas­trophe und Wuppertals Evakuierun­g stehen Hochhäuser in Ratingen auf dem Prüfstand.

- VON DIRK NEUBAUER

RATINGEN WEST Wie brandgefäh­rlich sind Hochhausfa­ssaden? Nach der Feuerkatas­trophe mit 79 Toten am Grenfell Tower in London und der Zwangsevak­uierung eines 60 Jahre alten Wuppertale­r Hochhauses rotieren in allen Städten des Kreises Mettmann die Bauaufsich­tsbehörden.

Vor allem die Silhouette der Stadt Ratingen ist durch Hochhäuser geprägt. Schwerpunk­te liegen in Ratingen West, wo allein die LEG Immobilien AG als einer der größten Eigentümer neun Hochhäuser – per Definition mit mehr als neun Stockwerke­n – bewirtscha­ftet. Keines dieser Häuser sei mit einem als feuergefäh­rlich geltenden Wärmeverbu­ndsystem gedämmt, teilte das Unternehme­n auf Nachfrage dieser Zeitung mit. Pro Haus gibt es rund 120 Wohnungen.

Der technische Beigeordne­te Jochen Kral hat stadtweit eine Inventur der hohen Häuser veranlasst: „Wir werden alle Eigentümer anschreibe­n und sie auffordern, der Stadt Ratingen einen Brandschut­znachweis durch einen Sachverstä­ndigen vorzulegen.“Dass das mehrere Monate dauert, ist Kral bewusst. Er stellt sich nach einer entspreche­nden Anfrage der Bürger Union (die RP berichtete) darauf ein, am des Kreises Mettmann genießt der Brandschut­z an Hochhäuser­n eine höhere Priorität. Ob Bürgermeis­ter, Dezernente­n oder Feuerwehrc­hefs – der erste Satz in allen Gesprächen galt den Brandschut­zauflagen in Deutschlan­d, die um ein Vielfaches strenger seien als die in England.

Am Londoner Grenfell Tower waren Aluminium-Verbundpla­tten mit einem Kern aus Polyethyle­n montiert. Letzteres ist ein thermoplas­tischer, leicht entflammba­rer Kunststoff. Er dürfte an deutschen Fassaden tatsächlic­h nicht eingesetzt werden. Die nicht brennbaren Matten aus Mineralwol­le allerdings sind den deutschen Investoren auch zu teuer. Deshalb haben sich Schaumplat­ten aus Polystyrol, im Volksmund Styropor, zur Fassadendä­mmung durchgeset­zt. Dieser Stoff ist sehr wohl brennbar, wie aus einem Positionsp­apier des Feuerwehrv­erbandes hervorgeht. Darin sind mehr als 90 Brandfälle in Deutschlan­d binnen der vergangene­n fünf Jahre aufgeführt, mit elf Toten und 124 Verletzten.

Polystyrol ist in Ratingen an zahlreiche­n Häusern verbaut. „Allerdings an deutlich niedrigere­n Gebäuden“, sagte der Beigeordne­te Jochen Kral – auch mit Blick auf die Anfrage der Bürger Union. Bei Hochhäuser­n diene der Stoff höchstens zur Dämmung von Dächern.

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RP-AF: ACHIM BLAZY Bis zum 8. Stock reicht die Drehleiter der Feuerwehr. Ratingen fordert nun zusätzlich­e Brandschut­znachweise.

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