Rheinische Post Ratingen

Rheinbahn kämpft um Pendler

- VON CHRISTIAN HERRENDORF

Die Wende ist geschafft, das Ziel aber bleibt höchst ehrgeizig – das sind die wesentlich­en Erkenntnis­se aus dem Geschäftsb­ericht 2016, den der Vorstand gestern dem Aufsichtsr­at präsentier­t hat. Nachdem die Zahl der Fahrgäste 2015 gesunken war, stieg sie nun um 1,6 Prozent. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres setzt sich der Trend fort: noch einmal 2,3 Prozent mehr Fahrgäste im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum (plus 4,1 Prozent bei den Umsätzen). Bis 2021 will Vorstandss­precher Michael Clausecker die Zahl der Transporti­erten um 26 Millionen erhöhen. Die Ideen und ihre Erfolgsaus­sichten in der Analyse: Die Rheinbahn will schneller werden. Die Bahnen auf vielen Linien haben eine zu geringe Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit, weil sie auf zu viele Hinderniss­e stoßen. Deshalb werden Ampelschal­tungen für die Züge optimiert. Bis Ende 2016 waren es 70 der insgesamt 594 Ampelanlag­en, weitere 60 sollen folgen. Das Ziel ist politisch durch den Nahverkehr­splan vereinbart, die Umsetzung kommt eher schleppend voran. Ein weiteres Beschleuni­gungsmitte­l: Die Verkehrs- meister der Rheinbahn können neuerdings Falschpark­er aufschreib­en. Der Bedarf ist offensicht­lich vorhanden, denn in den ersten 13 Tagen gab es 82 Knöllchen. Abends und nachts sollen mehr Busse und Bahnen fahren. Die Arbeitsund Freizeitge­wohnheiten haben sich verändert, die Rheinbahn will daher in späteren Stunden häufiger fahren. Erste Angebote in dieser Hinsicht gibt es auf den Linien U76 und SB50, weitere sollen „zeitnah zu erleben“sein, sagt Vorstandss­precher Clausecker. Die Maßnahme ist elementar für attraktive­n Nahverkehr in einer Großstadt, sie genießt offensicht­lich einen entspreche­nd hohen Rang. Die Angebote sollen für Radfahrer interessan­ter werden. Ein Zauberwort der Branche lautet „Mobilitäts­dienstleis­ter“. Der wichtige Kern der seltsamen Formulieru­ng: Es geht nicht nur um Busse und Bahnen. Es geht auch um die Kombinatio­n mit anderen Transportm­itteln, wenn die Rheinbahn von der jährlich wachsenden Pendlerzah­l (plus 9000) profitiere­n will. Für Radler soll es ein neues Verleihsys­tem geben, das voraussich­tlich noch in diesem Jahr ausgeschri­eben wird. Die Kölner Verkehrs-Betriebe bieten Räder an, die man unter anderem mit der Chipkarte des Verkehrsve­rbundes leihen kann. Fahrkarten sollen leichter zu kaufen sein und besser zum Alltag passen. Leicht bedienbare Automaten, die mit verschiede­nen Zahlungsme­thoden zurechtkom­men, sind bittererwe­ise noch Zukunft bei der Rheinbahn. Die Tickets aber passen schon gut ins 21. Jahrhunder­t. Der am stärksten wachsende Vertriebsk­anal sind Handyticke­ts (2016: plus 50 Prozent, in den ersten fünf Monaten 2017 noch einmal plus 40 Prozent). Fürs Smartphone gibt es inzwischen spezielle Angebote, wie das Happy-Hour-Ticket für abends oder die flexible Monatskart­e, bei denen der Kunde den Starttag selbst wählt. Sie wurden seit Januar 20.000 beziehungs­weise 3700 Mal verkauft. Kontrollen gegen Schwarzfah­rer sollen zunehmen. Wie auch immer es erhoben wurde, die Rheinbahn geht davon aus, dass der Anteil der Schwarzfah­rer höher ist als angenommen (dies hat nichts mit dem genannten Plus bei den Fahrgästen zu tun). Um die Fahrt ohne Ticket nicht unnötig attraktiv erscheinen zu lassen, macht Clausecker eine Ansage: „Wir werden spürbar mehr kontrollie­ren.“

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