Er konnte seine Meinung ändern
Kardinal Meisner war eine markante Gestalt, die niemanden kalt ließ. Deswegen versuchte man ihn in Schubladen zu zwängen, um ihn irgendwie in den Griff zu bekommen. Doch niemandem ist das wirklich gelungen, nicht mal dem Papst. Meisner hat Johannes Paul II. widersprochen, auch seinem Freund Benedikt XVI. und ebenso Papst Franziskus. Er war nie unterwürfig. Er war keiner von den langweiligen Konservativen, die sich nur in Zirkeln von Gleichgesinnten wohlfühlen und alles nur deswegen schon gut finden, weil es immer so war. Manche von denen fand er „pfäffisch“, er ließ sich auch da nicht vereinnahmen, aber wenn sie mal wieder, wie er fand, ungerecht attackiert wurden, dann verteidigte er sie.
Sicher ist er nicht nur mit seinem für Rheinländer oft zu herben schlesischen Humor manchem unsanft auf die Füße getreten und das hat ihn in nachdenklichen Momenten bedrückt. Dennoch, ob es um bioethische Fragen ging oder zum Beispiel die „Pille danach“: Wenn man ihm überzeugende wissenschaftliche Argumente darlegen konnte, war er fähig, seine Meinung zu ändern. Wenn er überzeugt war. Das gelang beileibe nicht immer. Bei unserer letzten Begegnung sagte er beim Abschied eindringlich: Wenn Sie wieder mal anderer Meinung sind, kommen Sie trotzdem wieder. Der Tod sei, hat er einmal gesagt, das Hinübergehen von der einen guten Hand Gottes in die andere gute Hand Gottes. Das wünsche ich auch dem alten Kardinal.