Rheinische Post Ratingen

Er konnte seine Meinung ändern

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Kardinal Meisner war eine markante Gestalt, die niemanden kalt ließ. Deswegen versuchte man ihn in Schubladen zu zwängen, um ihn irgendwie in den Griff zu bekommen. Doch niemandem ist das wirklich gelungen, nicht mal dem Papst. Meisner hat Johannes Paul II. widersproc­hen, auch seinem Freund Benedikt XVI. und ebenso Papst Franziskus. Er war nie unterwürfi­g. Er war keiner von den langweilig­en Konservati­ven, die sich nur in Zirkeln von Gleichgesi­nnten wohlfühlen und alles nur deswegen schon gut finden, weil es immer so war. Manche von denen fand er „pfäffisch“, er ließ sich auch da nicht vereinnahm­en, aber wenn sie mal wieder, wie er fand, ungerecht attackiert wurden, dann verteidigt­e er sie.

Sicher ist er nicht nur mit seinem für Rheinlände­r oft zu herben schlesisch­en Humor manchem unsanft auf die Füße getreten und das hat ihn in nachdenkli­chen Momenten bedrückt. Dennoch, ob es um bioethisch­e Fragen ging oder zum Beispiel die „Pille danach“: Wenn man ihm überzeugen­de wissenscha­ftliche Argumente darlegen konnte, war er fähig, seine Meinung zu ändern. Wenn er überzeugt war. Das gelang beileibe nicht immer. Bei unserer letzten Begegnung sagte er beim Abschied eindringli­ch: Wenn Sie wieder mal anderer Meinung sind, kommen Sie trotzdem wieder. Der Tod sei, hat er einmal gesagt, das Hinübergeh­en von der einen guten Hand Gottes in die andere gute Hand Gottes. Das wünsche ich auch dem alten Kardinal.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Arzt und Theologe Manfred Lütz (63) befasst sich in seinen Büchern auch mit der katholisch­en Kirche.
FOTO: DPA Der Arzt und Theologe Manfred Lütz (63) befasst sich in seinen Büchern auch mit der katholisch­en Kirche.

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