Rheinische Post Ratingen

Stadt übersah Aussteiger-Siedlung

Eine illegale Halle im Schaustell­er-Problemqua­rtier in Rath soll abgerissen werden. Die Stadt muss dafür aber die Güter an anderer Stelle lagern. Jetzt soll deshalb eine in Vergessenh­eit geratene Künstler-Kommune weichen.

- VON JULIA BRABECK, SEBASTIAN ESCH UND ARNE LIEB

Die Stadt will eine illegal gebaute Halle von Schaustell­ern abreißen – und eine Aussteiger­kommune soll deshalb ihren Standplatz verlieren. Der Konflikt um die Problemsie­dlung an der Oberhausen­er Straße in Rath nimmt damit skurrile Züge an. Die Politiker im Stadtteil wollen nun die bedrohten Aussteiger unterstütz­en. „Es kann nicht sein, dass nach der Hackordnun­g agiert wird“, sagt Peter Rasp (SPD).

Der Hintergrun­d: Die Schaustell­erfamilien an der Oberhausen­er Straße in Rath sorgen seit vielen Jahren für Konflikte. Die Familien, die die Stadt in der Nähe der A44 einquartie­rt hatte, haben sich den städtische­n Grund zu ihrem eigenen Reich aus Hütten und Wagen umgebaut. Der Weg wirkt wie eine Privatstra­ße. Die Vermesser der Stadt betreten das Areal nur unter Polizeisch­utz. Für besonderes Aufsehen sorgte das Quartier vor vier Jahren: Die Polizei rückte zu einer Razzia mit mehr als 300 Beamten an. Es stellte sich heraus, dass das Gelände einer Bande von Metalldieb­en als Unterschlu­pf diente.

Ein Hauptstrei­tpunkt ist aktuell die Lagerhalle. Die Schaustell­er haben sie ohne Genehmigun­g errichtet. Sie steht zu nahe an einer Gasleitung, zudem verhindert sie, dass eine durchgehen­de Straße durch das Quartier geschaffen werden kann. Nach einer Klage der Stadt lände direkt neben der Schaustell­erSiedlung befindet sich seit den 1990er Jahren die Kommune – offenbar hatten das alle Beteiligte­n vergessen. Bei einer Begehung war das Gelände als unbewohnt eingestuft worden. Die Politiker wollen nun verhindern, dass die Aussteiger weichen müssen. Sie kritisiere­n das Verfahren. „Es ist ein fatales Zeichen für die rechtsscha­ffenden Bürger, dass die Stadt für einen illegal errichtete­n Bau einen Ersatz besorgt“, sagt Birgit Schentek (CDU). Die Bezirkspol­itiker verweisen darauf, dass an anderen Stellen der Stadt bestehende Hallen leerstehen. Auch die Aussteiger wollen bleiben. Sie leben in Wohnwagen, haben Gärten und eine große Bühne. Sie wollten „ihrer Kreativitä­t nachgehen“, erzählt Bewohner Rudolf Haser.

Es lebten noch neun Menschen auf dem Areal. Die Stadt wisse eigentlich Bescheid. „Wir haben seit knapp 20 Jahren eine mündliche Vereinbaru­ng, dass wir hier leben dürfen, solange wir keinen Mist bauen.“Miete zahlt man nicht. Das könnte sich ändern: „Wir sprechen mit den Politikern, alleine wegen der Rechtssich­erheit möchten wir jetzt doch einen Vertrag“, sagt Haser. Von der drohenden Räumung war Haser schockiert.

Von der Stadt heißt es, man wolle an einem Kompromiss arbeiten. Aber: „Die in Erwägung gezogene Fläche wird nach wie vor favorisier­t“, teilt man auf Anfrage mit.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Sie gehören zur letzten Hippie-Kommune Düsseldorf­s (v.l.): Peter Sch., Friedhelm Gottschalk und Rudolf Haser

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