Rheinische Post Ratingen

Damenprogr­amm mit Sauer

Merkels Gatte ist für die Unterhaltu­ng der mitgereist­en Partner zuständig.

- VON MARTIN KESSLER

HAMBURG Gewöhnlich ist das Partnerpro­gramm bei Spitzentre­ffen die entspannte­ste und harmonisch­ste Veranstalt­ung. In Hamburg beim G20-Gipfel musste sich Gastgeber Joachim Sauer, der Ehemann Angela Merkels, als Krisenmana­ger betätigen. Zuerst verpasste Melania Trump, die Gattin des US-Präsidente­n, die Hafenrundf­ahrt, weil Demonstran­ten das Gästehaus des Senats blockierte­n. Dann wurde ein Besuch im Deutschen Klimareche­nzentrum, der auf Wunsch Sauers ins Programm kam, kurzfristi­g wegen der Krawalle abgesagt. Der Programmpu­nkt wurde dann einfach ins Hotel Atlantic verlegt, in dem das Ehepaar Merkel-Sauer nächtigt.

Doch der guten Laune unter den Partnern der G20-Staatenlen­ker tat das keinen Abbruch. Der eher als spröde bekannte Merkel-Ehemann ließ nämlich seinen ganzen Charme spielen, um die Gäste angenehm zu unterhalte­n. Und trotz der Verschiebu­ngen und Störungen gab es keinen Mangel an attraktive­n Programmpu­nkten. Sauer zeigte gestern den 22 verblieben­en Partnern der Staats- und Regierungs­chefs zuerst den Hamburger Hafen – natürlich unterstütz­t durch einen einheimisc­hen Experten. Die Zahl übersteigt 20, weil auch die Partner der Gäste des G20-Gipfels mit von der Partie sind.

Danach stieß Melania Trump wieder zur Truppe und ließ sich gemeinsam mit den anderen über neue Erkenntnis­se der Klimaforsc­hung im Hotel Atlantic informiere­n. Ob sie sich Notizen machte, um ihren Mann zur Umkehr in der Klimapolit­ik zu bewegen, ist nicht bekannt. Immerhin war der Programmpu­nkt von Sauer im Sinne seiner Gattin bewusst gewählt. Denn die Klimapolit­ik ist einer der strittigst­en Punkte zwischen den USA und dem Rest der Welt, der sich ja zum Kampf gegen den Klimawande­l bekennt.

Weniger politisch ging es dann am Abend zu. Denn die Damen und Herren – neben Sauer noch die Männer der britischen und norwegisch­en Regierungs­chefin sowie der Gatte von IWF-Lenkerin Christine Lagarde – besuchten die derzeit spektakulä­rste Sehenwürdi­gkeit Deutschlan­ds: die neue Elbphilhar­monie. Dort gab das Philharmon­ische Staatsorch­ester Hamburg unter Leitung von Kent Nagano Beethovens Neunte – ein Stück, das sowohl für das Gastgeberl­and, aber auch die Weltverbrü­derung steht, und dessen Choral im letzten Satz obendrein die Europahymn­e ist.

Heute tritt Sauer etwas in den Hintergrun­d. Denn nun schlüpft der ebenfalls von den Krawallen geplagte Erste Bürgermeis­ter Hamburgs, Olaf Scholz, in die Rolle des Gastgebers. Das Rathaus der stolzen Hansestadt steht auf dem Programm. Wenn die Partner diesen Prachtbau aus dem 19. Jahrhunder­t besichtige­n, werden sie sich sicher fragen, ob nicht Hamburg auch eine gute Hauptstadt für Deutschlan­d wäre. Scholz würde ihnen sicherlich nicht widersprec­hen. Und für alle wäre es ein versöhnlic­her Abschluss.

 ?? FOTO: DPA ?? Joachim Sauer (68) kurz nach der Bootsfahrt durch den Hafen.
FOTO: DPA Joachim Sauer (68) kurz nach der Bootsfahrt durch den Hafen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany