Rheinische Post Ratingen

Schöne freie Zeit

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Wer in diesen Tagen Studenten sucht, muss an den Baggersee gehen. Was will man uns auch vorwerfen, in den Hörsälen ist es so unmenschli­ch heiß und in der Bibliothek so übertriebe­n klimatisie­rt, dass man es nirgendwo sonst richtig aushalten kann. Also ab ans Wasser. Dort fläzen sich gerade alle Semester nebeneinan­der auf der Wiese und schauen dabei höchstens mal mit einem schläfrige­n Auge ins Lehrbuch. Ansonsten werden Pläne für die nächsten Semesterfe­rien geschmiede­t. Die Hitze macht Lust auf richtigen Urlaub. Doch in Wahrheit werden die Semesterfe­rien bei Weitem nicht nur zum Faulenzen genutzt. Die meisten planen die vorlesungs­freie Zeit regelrecht durch, um den Lebenslauf ordentlich aufzupolie­ren. In den ersten Monat legen sie sich ein Praktikum. Denn es gibt immer noch die eine Sparte, in die man unbedingt noch während des Studiums einen Fuß in die Tür bekommen will. „Networking“und so. Im zweiten Monat muss es dann ins Ausland gehen. Das ist wichtig für die Fremdsprac­henkenntni­sse. Und außerdem findet der zukünftige Arbeitgebe­r, von dem noch niemand weiß, wer das eigentlich sein soll, das bestimmt total ansprechen­d. Man will ja nicht nur der Streber sein, sondern zeigen, dass man auch eine richtig coole Socke ist. Also am besten erst vier Wochen Kaffee kochen in der Großkanzle­i, dann Backpacken in Indien. Wobei – der eine Kommiliton­e, der in der zweiten Hälfte bei so einem ehrenamtli­chen Projekt in Gambia mitmacht, kommt dann vielleicht besser an. Also muss noch was Drittes her. Vielleicht eine Teilnahme bei den „Model United Nations“. Ein bisschen gesellscha­ftspolitis­ches Engagement macht sich immer gut. Das geht nur ein paar Tage, lässt sich prima zwischen Kanzlei und Backpacken quetschen. Zum Entspannen ist im Semester dann ja wieder Zeit.

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FOTO: LAMMERTZ Eva Böning studiert in Freiburg.

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