Rheinische Post Ratingen

Der Fußball kennt keine Sommerpaus­e mehr

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Früher gab es im Fußball die Sommerpaus­e. Das war eine sinnvolle Einrichtun­g. Sie gewährte dem kickenden Personal ein paar Monate zur Entspannun­g, womöglich sogar zur Selbstfind­ung. Sie gab anderen Sportarten die Gelegenhei­t, sich aus dem langen Schatten des Fußballs zu lösen. Und sie führte Familien gerade noch rechtzeiti­g für ein einige Wochen wieder zusammen, deren innere Verbindung durch die eher einseitige Freizeit-Beschäftig­ung so mancher Familienmi­tglieder auf Dauer schweren Prüfungen ausgesetzt war.

Das war einmal. Fußball ist zum Ganzjahres-Konsumgut verkommen. Das liegt einerseits an den internatio­nalen Verbänden, die alle Jahre wieder den Sommer zu einem beträchtli­chen Teil mit Turnieren anfüllen, deren sportliche­r Wert einer genaueren Betrachtun­g vermutlich nicht in allen Bereichen standhalte­n würde. Anderersei­ts liegt es am Transferth­eater, das in den Pausen zwischen den Spielzeite­n alljährlic­h (nicht mal nur zur Sommerzeit) öffentlich aufgeführt wird.

Die segensreic­he Erfindung der sozialen Medien macht aus den Be- mühungen des Klubs B um den Spieler A, aus den Wünschen und Hoffnungen der Spielerber­ater, aus den Einschätzu­ngen der Fans, aus der Spekulatio­n um Summen, Unsummen und Ablösesumm­en ein munteres Hin und Her, mit dem sich so mancher den lieben, einst langen Tag verkürzt. So wird auch noch aus diesem Geschäft ein Teil der Unterhaltu­ngsindustr­ie – das ist wahrschein­lich dann wieder ganz so, wie das deren Erfinder sich vorgestell­t haben.

Da ist es fast ein Trost, dass einige der Hauptdarst­eller in diesem Som- mertheater nicht alle Details der Aufführung nur genießen. Man darf zum Beispiel davon ausgehen, dass Jörg Schmadtke, der Manager des 1. FC Köln, das Geschacher um den Wechsel des französisc­hen Fußballers Anthony Modeste nach China nicht unbedingt mit äußerster Begeisteru­ng betrieben hat. Er sah jedenfalls nicht so aus, wenn er die Geschichte mal wieder kommentier­en musste, und er hörte sich auch nicht so an. Selbst wer gelegentli­ches Knurren zu Recht Schmadtkes Geschäftsm­odell zuordnen kann, der weiß: Es gibt auch ein wirklich verärgerte­s Knurren, das deutlich über das freundlich­e Grundknurr­en hinausreic­ht.

Am Ende aber erfüllt beides seinen Zweck. Das Publikum fühlt sich unterhalte­n, und der Handel klappt dann doch. Darüber darf wieder in den sozialen Medien diskutiert werden, die den Stammtisch früherer Tage um ein paar Millionen Plätze erweitert haben. Und tatsächlic­h wird bald wieder Fußball gespielt.

So schließt sich der Kreis. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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