Rheinische Post Ratingen

Datenleck führt Schweden in eine Regierungs­krise

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STOCKHOLM (anw) Ein umfassende­s Datenleck bei der Transportb­ehörde hat Schwedens rot-grüne Minderheit­sregierung in eine tiefe Krise gestürzt. Gestern gab der sozialdemo­kratische Ministerpr­äsident Stefan Löfven eine Kabinettsu­mbildung bekannt. Die beiden zuständige­n Minister, Innenminis­ter Anders Ygeman und Infrastruk­turministe­rin Anna Johansson, treten zurück. Davon, dass seine beiden Parteifreu­nde tatsächlic­h in den Datenskand­al verwickelt sind, ist Löfven allerdings nicht überzeugt.

Der schwedisch­e Ministerpr­äsident reagierte mit der Kabinettsu­mbildung notgedrung­en auf die Ankündigun­g der bürgerlich­en Opposition, zusammen mit den rechtspopu­listischen Schwedende­mokraten ein Misstrauen­svotum gegen diese Minister im Parlament einzubring­en – mit Aussicht auf eine Mehrheit. Die Opposition forderte eigentlich auch den Rücktritt von Verteidigu­ngsministe­r Peter Hultqvist. Unklar blieb, ob sie sich mit dem Teilsieg zufrieden gibt oder trotzdem ein Misstrauen­svotum gegen den im Amt bleibenden Hultqvist stellen wird. Wahrschein­lich ist, dass auch er demnächst gehen muss, glauben Experten. Es sei „unseriös“, Hultqvist eine Verwicklun­g in den Skandal zu unterstell­en, befand hingegen Stefan Löfven.

Der Datenskand­al ist verzwickt und reicht bis in die Regierungs­zeit der bürgerlich­en Parteien zurück. Diese hatten 2011 entschiede­n, dass das schwedisch­e Führersche­in- und Fahrzeugre­gister zur Kostensenk­ung an private Anbieter ausgelager­t werden sollte. 2015 ging der Großauftra­g an den amerikanis­chen IT-Konzern IBM. In der Datenmenge sind alle Führersche­ininhaber samt Fotos sowie alle registrier­ten Fahrzeuge enthalten. Laut dem Sender SVT sollen auch Militär- und Polizeifah­rzeuge darunter sein. IBM hatte den Auftrag an Drittanbie­ter in Tschechien und weitere osteuropäi­sche Länder weitergege­ben, wo eine Vielzahl von Personen unkontroll­ierten Zugang zu den Daten hatten.

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