Mit den Augen komponieren
In der Sittart-Galerie haben Musiker eine Ausstellung eingerichtet. Der dortige Verein der Künstler will sich nun verstärkt engagieren.
Das ist ein richtiger Kindergeburtstags-Klassiker: Stille Post. Man flüstert seinem Nachbarn einen kurzen Satz ins Ohr, sagen wir: „Ich kaufe ein blaues Auto.“Der Nachbar sagt’s dann weiter: „Ich klaue ein graues Auto.“Heraus kommt zuletzt etwas ganz anderes, die Kinder lachen sich schlapp, und es beginnt die nächste Runde.
Auch ältere Semester können noch Gefallen finden an dem Spiel, Studenten der Robert-SchumannHochschule haben die „Stille Post“nun nachempfunden und daraus eine gleichnamige Ausstellung entwickelt. Sie haben mit ihren Mitteln gespielt: Bild und Ton. Einer gibt einen Song vor, der nächste hört ihn und entwickelt daraus ein Bild – eine eigene Notation –, der Dritte bekommt dieses Bild und macht daraus wieder Musik. Der Vierte gestaltet ein Plattencover zur Neukomposition. In der Sittart-Galerie, dem Ausstellungsraum im Atelierhaus an der Sittarder Straße, sind die Ergebnisse nun sicht- und hörbar. Aus dem 80er-Keyboard-Dudelsong „Alien“der Band Rexy wurde etwa ein kunstvolles aber stummes Schwarz-Weiß-Video, in dem sich die Speichen eines Fahrrads nach und nach mit Farbe füllen. Pianist Andy Ernst vertonte den Film. Fürs Klavier komponierte er Wiederholungsschleifen, die er übereinanderschichtete. Je mehr Farbe im Bild, desto dichter die Musik.
Das klingt verschärft und auch etwas abgehoben, aber wie sich Bild und Ton beeinflussen und welche Blüten das Spiel trieb, welches Potenzial in den jungen Studenten – Schwerpunkt: „Visual Music“– der Hochschule steckt, offenbart das Experiment. „Es war ein Anstoß, endlich wieder eigene Musik zu machen, wieder selber zu produzieren“, sagt Musikstudent Vincent Stange, der den Techno-DJ Ricardo Villalobos zu seinen Helden zählt. Entsprechend klingt auch die Musik, die Stange für „Stille Post“eingespielt hat.
Dass nun die Studenten die Galerie im Atelierhaus bespielen – sie haben sich um alles selbst gekümmert –, kommt den Betreibern gerade recht. „Wir wollen den Raum öffnen, um auch dem Atelierhaus neue Impulse zu geben“, sagt Gisela Happe vom Verein der Düsseldorfer Künstler, die den Ausstellungsraum betreut. Jüngst stellte sich der be- reits 1844 gegründete Verein neu auf, der Anteilseigner am Atelierhaus mit seinen mehr als 30 Arbeitszimmern ist, jährlich im Kunstpalast die Ausstellung „Die Große“veranstaltet und überdies in Paris Künstlerresidenzen für die 220 Vereinsmitglieder unterhält.
Gründungszweck des Vereins, sagt der Vorsitzende Michael Kortländer, sei es vor mehr als 170 Jahren gewesen, für die sozialen Belange der Düsseldorfer Künstler einzu- stehen. Das sei zwischenzeitlich etwas in Vergessenheit geraten. Künftig aber wolle man wieder verstärkt „als Sprachrohr für die Künstlerschaft eintreten – was das Arbeiten und die Sichtbarkeit angeht“, sagt Kortländer.
Als Startschuss hat der Verein nun einen Forderungs- und Vorschlagskatalog vorgelegt, er sieht die Stadt in der Pflicht, möchte sich aber, wo es geht, auch selber einbringen. Die im Verein organisierten Künstler wünschen demnach unter anderem eine spartenübergreifende Internetplattform, auf der sich sowohl Kulturinteressierte als auch -schaffende über Angebote oder Fördermöglichkeiten informieren können. So eine Plattform hatte auch der kürzlich vorgelegte Kulturentwicklungsplan angeregt. Der Verein bemängelt zudem fehlende und vor allem bezahlbare Atelierräume in Düsseldorf und schlägt Arbeitsplätze zum Teilen vor. Künstler könnten