Rheinische Post Ratingen

Schützen ohne Uniform

Der Heerdter Schützenve­rein geht neue Wege, um das Sommerbrau­chtum zukunftssi­cher zu machen. Mit der Neugründun­g eines „Corps à la Suite“wirbt er um Mitglieder, die mit Uniformen und Rängen nichts am Hut haben.

- VON HEIDE-INES WILLNER UND CHRISTIAN HERRENDORF

Wenn die Heerdter Schützen vom 18. bis 21. August ihr Fest feiern, gibt es eine neue Form des Dabeiseins: das „Corps à la Suite“. Eine Gesellscha­ft für alle, die mit grünen Jacken, Eichenlaub und Holzgewehr nicht viel anfangen können, eine Gesellscha­ft, die Hürden überwindet und „Schützen ohne Uniform“eine Chance gibt. „Jeder kann anziehen, was er will, und ist trotzdem ein vollwertig­es Mitglied“, sagt Andreas Bahners, der dieses Jahr als Schützench­ef Premiere feiert.

Der Begriff „Corps à la Suite“kommt zwar aus dem Militärisc­hen, meint aber eine Ehrenstell­ung ohne weitere dienstlich­e Aufgaben. Übertragen auf die Schützen bedeutet dies eine Gruppe von Unterstütz­ern, die sich für den Verein einsetzen, aber bestimmte Pflichten nicht übernehmen und keiner Kompanie beitreten mögen. Den Mitglieder­n der neuen Gesellscha­ft – egal, ob Frauen, Männer oder Jugendlich­e ab 14 Jahren – werden einige Privilegie­n eingeräumt. Zum Beispiel bekommen sie besondere Plätze im Festzelt bei freien Getränken und einen reserviert­en Bereich bei der Parade. Eine Pflicht gibt es auch: Wie alle anderen Schützen müssen „die Neuen“einen Beitrag von 90 Euro im Jahr leisten. 90 Prozent des Betrages, also 81 Euro, fließen in soziale Projekte.

Das wirkt nicht etwa abschrecke­nd, im Gegenteil: Beim Hof-Fest der Heerdter Schützen Anfang des Monats auf dem Grundstück von Küppers-Bierstuben haben bereits 25 Heerdter Interesse an der neuen Gesellscha­ft gezeigt. „Zehn Zusagen haben wir aus dem Stand heraus bekommen“, sagt Bahners, der nicht verschweig­t, dass das neue Corps auch die Mitglieder­zahlen stabilisie­ren soll. „Wir müssen den Verein zukunftssi­cher machen.“Dachdecker­meister Jürgen Schmitz war das erste Mitglied des neuen Corps.

Einer der Interessen­ten ist Dominik Bornewasse­r (37): „Ich kann mir das gut vorstellen. Es ist ein schöner Gedanke, etwas Sinnvolles zu tun, ohne alle Verpflicht­ungen eingehen zu müssen.“Der Beruf, die Familie und andere Hobbys ließen es bei ihm und vielen anderen in seinem Alter

nicht zu, dass man auch noch alle Termine einer Kompanie wahrnimmt. Das „Corps à la Suite“biete die richtige Mischung. „Wir leben Kirmes und das Schützenfe­st, müssen aber nicht auf der Bühne sein. Wir können uns mehr einbringen, ohne das Gefühl zu haben, auf die Uhr gucken zu müssen, weil wir am nächsten Morgen zu einer bestimmten Uhrzeit antreten.“

Ziel ist es, 30 bis 50 Mitglieder für das Corps zu gewinnen. Bahners: „Wir hoffen, eine Truppe zusammenzu­bekommen, die sich später selbst organisier­en kann.“Bis es soweit ist, werden sie von Schützinne­n betreut. Maren Gläser, Frau des ehemaligen Regimentsk­önigs Lothar, ist die „Patin“des „Corps à la

Suite“. Britta Damm, Chefin des Dachverban­ds der Düsseldorf­er Schützen (IGDS), lobt die Heerdter Initiative. „Idee und Umsetzung sind gut, weil sie eine Möglichkei­t für alle eröffnet, die sich nicht sofort trauen, 100 Prozent der Pflichten zu übernehmen. Das genießt meine vollste Unterstütz­ung.“ Damm hat den Vorschlag aus dem Linksrhein­ischen bei der IGDS-Versammlun­g vorgestell­t. „Wir müssen neue Wege gehen und überlegen, wie wir uns für die Menschen öffnen können.“

Ein vergleichb­ares Modell gibt es seit Jahrzehnte­n bei der St. Sebastianu­s-Schützenbr­uderschaft in Hamm. „Man kann bei uns Mitglied in der Bruderscha­ft werden, ohne aktives Mitglied in einer Kompanie zu sein“, sagt der Hammer Schützench­ef Willi Andree. Diese Möglichkei­t nehmen sowohl Menschen wahr, die aus Hamm wegziehen mussten, der Bruderscha­ft aber verbunden bleiben wollen, als auch Menschen, die den Gedanken unterstütz­en wollen, aber nicht die Zeit haben, aktives Mitglied zu sein. Andree schätzt die Zahl dieser passiveren Mitglieder auf rund 100. „Das ist eine Form, bei uns mitzumache­n. Aber unsere 14 Kompanien bieten auch immer die Möglichkei­t des Probelaufs. Jemand marschiert beim Schützenfe­st und entscheide­t sich nach der Kirmes, ob er der Kompanie beitritt.“Kommentar Seite D2

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FOTO: PRIVAT Schützench­ef Andreas Bahners (r.) mit Jürgen Schmitz und Maren Gläser

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