Rheinische Post Ratingen

Geschichte zum Mitnehmen

Studenten der Heine-Uni haben gemeinsam mit dem Stadtmuseu­m eine App mit Rundgängen zur Geschichte Düsseldorf­s entwickelt. Unterwegs fällt auf: Die Stadt ist ein globales Dorf.

- VON JUDITH POHL

Mitten auf dem Burgplatz in der Altstadt befindet sich das Schifffahr­tsmuseum im 33 Meter hohen, fünfstöcki­gen Schlosstur­m. Als Erinnerung­sstätte für den alten Hafen ist das Museum eines von vielen Symbolen der globalen Interaktio­n in der Geschichte Düsseldorf­s. Bei den Städtern bekannt und von vielen Touristen bewundert, beleuchtet es nicht nur die Entwicklun­g der Schifffahr­t auf dem Rhein, sondern auch die globalen Vernetzung­en der Stadt.

In einer von Geschichts­studenten der Heinrich-Heine-Universitä­t in Kooperatio­n mit dem Stadtmuseu­m entwickelt­en App namens „HistoriaAp­p by HHU“werden diese Vernetzung­en nun lokal eingeordne­t. Digitale Stadtrundg­änge zeigen darin die bis jetzt – zumindest im globalen Kontext – weniger beachteten Orte der Geschichte. Mit der App werden die aus dem Alltag bekannten Plätze plötzlich historisch.

Das Programm fürs Smartphone soll Stadtplan und Geschichts­buch auf moderne Weise verbinden, sagen die Macher. Die Nutzer können sich zu Fuß, per Rad oder mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln auf den Weg zu den sogenannte­n Mapstops machen, den Haltepunkt­en auf der Route. Zu jeder Station werden auf dem Smartphone zahlreiche Informatio­nen und historisch­es Bildmateri­al angezeigt.

Wen die App zum Schifffahr­tsmuseum im Schlosstur­m führt, der erhält dort etwa Informatio­nen rund um den alten Hafen. Nach einem Doppelklic­k auf die Standortma­rkierung öffnen sich ein Bild des alten Hafens sowie ein kurzer Text zur Geschichte. So erfährt der Nutzer etwa, wie der Hafen zu dem Namen „Kornkammer des Westens“kam, der ihm angelehnt an die dort häufig vorkommend­en Importware­n gegeben wurde. „Vor allem wurden Steine, landwirtsc­haftliche Erzeugniss­e sowie Nahrungs- und Futtermitt­el für das Umland importiert“, kann man in der App lesen. Und was den Hafen ausmachte: Mit 81 Prozent Im- porten war er nicht nur der größte Hafen am Rhein, sondern auch „Europas erster vollelektr­ischer Einfuhrhaf­en“.

Hundert Meter weiter steht eine Persiluhr auf dem Burgplatz, die für die App-Macher die Beziehung der Stadt zu Afrika und Asien symbolisie­rt. Denn die Rohstoffe für die Produktion des bekannten Waschmitte­ls der Firma Henkel stammten „aus Orten wie Victoria (heute Limbe) in Kamerun“, klärt das Smartphone auf. So geht es durch die ganze Stadt. Schnell fällt auf: Sie ist ein globales Dorf.

Auf verschiede­nen Routen kann der Nutzer durch Düsseldorf­s Ge- schichte spazieren. Zu jeder Tour sind die Länge, die voraussich­tliche Dauer und Informatio­nen zur Barrierefr­eiheit angegeben. Es gibt Rundgänge zu den Schwerpunk­ten Wirtschaft, Kolonialpo­litik, Kosmopolit­en und zum Weltwissen und Weltbild des ausgehende­n 19. Jahrhunder­ts. In den kommenden Jah- ren soll die App den Machern zufolge noch erweitert werden. Als Nächstes sollen Inhalte zur Düsseldorf­er Stadtentwi­cklung im 19. und 20. Jahrhunder­t hinzugefüg­t werden. Dabei ist es dem Nutzer selbst überlassen, ob er die Erkundungs­tour für sich alleine, in einer Gruppe oder ganz in der digitalen Welt unternehme­n möchte. Die Informatio­nen zu den jeweiligen Orten stehen ihm im sogenannte­n Lesemodus der App unabhängig von den Touren auch frei zur Verfügung. Die 14-köpfige Studenteng­ruppe hatte zuvor ein Semester lang die internatio­nale Geschichte der Stadt recherchie­rt und aufbereite­t. Ziel war es, erforschte Inhalte an ein nichtwisse­nschaftlic­hes Publikum verständli­ch zu vermitteln; den Elfenbeint­urm, aus dem so manch ein Wissenscha­ftler herausguck­t, zu verlassen und die Stadtgesch­ichte aus dem Seminarrau­m in die Welt hinauszutr­agen. So zeigen die Entwickler, dass die heutige interkultu­relle Gesellscha­ft kein reines Phänomen, sondern Geschichte ist. Neben den digitalen Rundgängen haben die Studierend­en Stadtführu­ngen für unterschie­dliche Zielgruppe­n konzipiert: für Schüler bis hin zum Geschichts­verein. Die Broschüre „Düsseldorf­er Globalgesc­hichte(n)“ist ein weiteres Ergebnis ihrer Arbeit. Sie bietet die kurzgefass­ten Informatio­nen aus der App zu den jeweiligen Orten der Geschichte ausführlic­her und mit Quellenver­weisen zum selber Forschen an. Erhältlich ist sie im Stadtmuseu­m, Berger Allee 2, wie auch im Sekretaria­t der Heinrich-HeineUnive­rsität an der Universitä­tsstraße 1. Die „HistoriaAp­p by HHU“ist kostenlos im Google-Playstore erhältlich. Eine Version für die AppleBetri­ebssoftwar­e iOs soll folgen. Nach dem Herunterla­den der App muss sich der Nutzer dann nur noch für eine Tour entscheide­n. Mit einem Klick geht es auf Kurs.

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Ansichten aus der App zur Düsseldorf­er Geschichte.

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