Rheinische Post Ratingen

Eine Stunde Stromausfa­ll lähmt die City

In der Stadt-Sparkasse gab es kein Geld mehr, beim Eismann verflüssig­te sich das Gefrorene, die Läden blieben dunkel und Dutzende Autofahrer saßen in den Parkhäuser­n fest. Ursache war ein kaputte Verbindung, so die Stadtwerke.

- VON DIRK NEUBAUER

RATINGEN Punkt 10.57 Uhr nimmt der Montag eine Auszeit. Das Bildschirm-Bild wird schwarz, die Telefonanz­eige verliert den Text. Der Kopierer schweigt. Stromausfa­ll! Natürlich geht der erste Gang zum Sicherungs­kasten. Doch da tanzt kein Kippschalt­er aus der Reihe. „Schau mal, die Ampel ist aus!“ruft jemand – und damit ist klar, die Stadtwerke stellen viele tausend Ratinger auf eine Gedulds- und Nervenprob­e. Im Nu sind die Leitungen der Störungsst­ellen überlastet; Kunden und Geschäftsl­eute wollen wissen, wann es wieder Energie gibt. Ursache des Blackouts: eine kaputte, unterarmla­nge Muffe.

Als einer der ersten erkennt Eisdielenb­esitzer Giampiero Baruffolo das Ausmaß des Desasters. „Ich habe 70 Behälter Speiseeis in der Kühlung. Das hält nicht lange. Mamma mia, wann kommt der Strom zurück?“Die Sahnemasch­ine schäumt nicht mehr. Der EspressoAu­tomat hat sich abgeschalt­et. Immerhin – der Straßenver­kauf läuft noch. Denn aus den Nachbarläd­en holen sich Mitarbeite­r erst mal ein Hörnchen Noch-Gefrorenes auf den Schreck und überlegen, was nun zu tun ist.

Jaqueline Koska von der Schulmeist­er Podologie sagt die Fußpflege-Termine des Vormittags ab. Goldschmie­din Andrea SchusterWe­sterling stellt die eigentlich geplanten Reparatura­rbeiten zurück: „Mein Gasbrenner funktionie­rt noch, aber ohne Licht sehe ich nicht, was ich mache.“Schräg gegenüber in der Filiale von „Smile Optic“können sich Kunden eine Brillenfas­sung aussuchen. Ein Sehtest oder Einstellen der Brille? Derzeit Fehlanzeig­e.

Bei der Sparkasse HRV (Hilden, Ratingen, Velbert) werden in der Hauptfilia­le die Kunden noch zu Ende bedient, soweit das geht. Und dann vor die Tür gebeten. Die Bank schließt. Ausgerechn­et am Zahltag zum Monatsende funktionie­rt kein Automat und kein Computer mehr. Wer jetzt Bargeld braucht, muss notgedrung­en zu einer der anderen neun Sparkassen-Filialen in Ratingen fahren und dort sein Glück versuchen. Die Kunden jubeln nicht gerade, zeigen aber Verständni­s.

Damit ist es spätestens unterm Asphalt vorbei. Wer dringende Ter- mine hat und in den Parkhäuser­n der Stadt gefangen ist, verliert kurzzeitig die Contenance, die Zurückhalt­ung. Natürlich ist auch gestern, beim Stromausfa­ll in Ratingen, noch niemand mit Brüllen auch nur einen Zentimeter weitergeko­mmen. Da hilft schon eher ein Schuss Pragmatism­us: Manche Parkhauswä­chter schrauben einfach die Schranken ab, um den Inhouse-Stau aufzulösen.

Entlang der Bechemer Straße machen einige Läden zu. „Wir kriegen unsere Kasse nicht auf“, sagte die Belegschaf­t. Im „Haus des Kindes“hat Verkäuferi­n Marion Templin dafür eine Lösung: „Ich führe auf einem Blatt Papier Buch und gebe Quittungen aus.“Ähnlich hält es der Ein-Euro-Shop: Dort lassen sich die Schnäppche­njäger nicht von der Dunkelheit zwischen den Regalen vertreiben. Und auch dort ist die Kasse ohne Strom nicht zu öffnen. Es werden Strichlist­en geführt.

Zwischen düstren Läden ohne Licht, schimpfend­en Autofahrer­n und entspannt schlendern­den Käufern leuchtet es aus der Auslage der Metzgerei Möllmann. Alle Lampen sind an, im Hintergrun­d laufen die Vorbereitu­ngen für den Mittagstis­ch, Leonhard Dörr wiegt gerade Lammlaxe ab. „Wir sind an ein Notstromag­gregat angeschlos­sen“, verrät Dörr. Die Konkurrenz gegenüber hat einen transporta­blen Generator aufgestell­t. „Wir möchten nicht bei jedem Stromausfa­ll unsere Waren wegwerfen“, sagen die Metzger.

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RP-FOTOS: D. JANICKI Der einstündig­e Stromausfa­ll stellte auch Giampiero Baruffolo vor Probleme: „Eine halbe Stunde länger und ich hätte das Eiscafé zumachen müssen. Ohne Strom geht hier ja gar nichts - kein Kaffee, keine Eiskühlung!“.
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Wegen des Stromausfa­lls baute ein Techniker die Schranken im Parkhaus Wallstraße ab.

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