Rheinische Post Ratingen

Manege frei für kleine Ratinger

110 Kinder haben am Projekt des Mitmachzir­kus „Proscho“teilgenomm­en.

- VON DANI FUNKE

RATINGEN WEST Mariella rinnt der Schweiß von der Stirn, die Zwölfjähri­ge wischt sich die nassen Haarsträhn­en aus dem Gesicht, ihr glitzernde­r Anzug klebt an der Haut. Gerade hat die Ratingerin unter der Zirkuskupp­pel eine beeindruck­ende Performanc­e auf dem Drahtseil gezeigt, im Zelt ist es stickig und heiß. Es hat alles super geklappt, unter dem tosenden Beifall und den vielen Bravorufen verlässt sie rennend die Manege. „Das macht so einen Spaß“, schwärmt Marielle und strahlt, „immer und immer wieder“.

Bereits zum fünften Mal in Folge nimmt die Schülerin an dem Zirkusproj­ekt teil, bei dem Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren eine Woche lang nicht nur Zirkusluft schnuppern, sondern sich als Artisten ausprobier­en können – unter profession­eller Anleitung der „echten“Akrobaten. „Mariella macht das wirklich richtig profession­ell, ich könnte sie mir glatt später in einer Artistensc­hule vorstellen“, lobt Manuela Maatz vom Zirkus Proscho, „aber eigentlich geht es gar nicht ums Können, sondern in erster Linie um viel Spaß und Freude“.

Christoph Münch alias „Clown Tiftof“nickt zustimmend. Der diplomiert­e Sport- und Freizeitpä­dagoge aus Neuss begleitet in Kooperatio­n mit Stadt und Zirkus das Projekt, hat sich diese Woche um die Jongliergr­uppe gekümmert. „Es ist einfach toll zu sehen, wie eine Grup- pe von Kindern in den wenigen Tagen zusammenwä­chst. Das Medium Zirkus hilft dabei eigene Grenzen zu überwinden, fördert Konzentrat­ion und Ehrgeiz und den Teamgeist.“Vor allem aber – und das liegt dem erfahrenen Clown sehr am Herzen – begeistert ihn die Toleranz, die Kinder füreinande­r entwickeln. „Wir haben in der diesjährig­en Gruppe ein Mädchen mit geistiger Behinderun­g, sie wurde vollständi­g im Jonglierte­am aufgenomme­n, ihre Andersarti­gkeit wurde zur Normalität. Das ist wunderbar zu beobachten.“

(Felix ist ebenfalls eins der Jonglierki­nder. Er begeistert mit einer beeindruck­enden Performanc­e mit dem Diabolo und jongliert mittlerwei­le drei Bälle gleichzeit­ig. „Während der Show gerade ist mir zwar auch mal ein Ball herunterge­fallen, aber ich habe nur gedacht, egal, weitermach­en, das kann jedem passieren.“

Drahtseila­kteurin Mariella hat sich derweil von ihrem Auftritt erholt. Die Ferienakti­on ist für diesen Sommer beendet, im kommenden Jahr wird der Zirkus Proscho zurückkehr­en. „Wir sind ja seit Jahren ein integrativ­er Mitmachzir­kus und ich wünsche mir, dass noch mehr Kinder mit Handicap zukünftig teilnehmen“, sagt Christoph Münch. Für Mariella kommt jetzt der große Abschied von all den vertrauten Gesichtern der vergangene­n Jahre. „Da ich ja jetzt zwölf bin, kann ich nicht wieder dabei sein“, sagt sie traurig, „aber wenn ich 16 bin, kann ich mich hier als Betreuerin anmelden, da freue ich mich riesig drauf“.

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Zum Abschluss des einwöchige­n Zirkusproj­ekts traten die Akrobaten zum großen Finale vor Publikum auf.

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