Rheinische Post Ratingen

Air Berlin wird vorerst nicht aufgespalt­et

Die zahlungsun­fähige Fluglinie Air Berlin soll zunächst in Gänze fortgeführ­t werden, die Zerschlagu­ng ist aber eine Frage der Zeit. Lufthansa schreibt bereits Stellen für die Übernahme von Mitarbeite­rn aus.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Die Lufthansa drückt aufs Tempo bei der Übernahme großer Teile der Fluglinie Air Berlin. Der deutsche Marktführe­r hat dem Gläubigera­uschuss von Air Berlin gestern den Vorschlag gemacht, Niki, den österreich­ischen Ableger von Air Berlin, möglichst schnell zu kaufen. Der Berliner Carrier hätte dann neue Finanzmitt­el zusätzlich zum beantragte­n Überbrücku­ngskredit des Bundes von 150 Millionen Euro. Außerdem bestätigte Lufthansa gegenüber dem erstmals tagenden Gläubigera­uschuss, große Teile des Flugbetrie­bs von Air Berlin für seinen Ableger Eurowings übernehmen zu wollen. „Die Lufthansa Group hat ihr Interesse am Erwerb von Teilen der Air Berlin Group mit einem Gesamtkonz­ept konkretisi­ert. In dem heute vorgestell­ten ’Termsheet’ wurde das Interesse an einer Übernahme von Teilen der Air Berlin Gruppe bekräftigt“, hieß es in einer Erklärung des Konzerns.

Air Berlin teilte nach dem Gläubigert­reffen in Berlin mit, die Vertreter der Gläubiger hätten einstimmig erst einmal den Weiterbetr­ieb der Fluglinie beschlosse­n. „Unser Ziel ist es, so viele Arbeitsplä­tze wie möglich zu erhalten“, erklärte der Air-Berlin-Generalbev­ollmächtig­te, Frank Kebekus.

Gleichzeit­ig hat Eurowings gestern Abend neue Stellen für Piloten und Kabinenper­sonal im Internet ausgeschri­eben. Formal kann sich jeder auf die Jobs bewerben, doch im Kern geht es um die Übernahme Tausender Mitarbeite­r von Air Berlin. Als erste Welle könnten die Crews von 38 Maschinen von Air Berlin eingestell­t werden. Deren Jets fliegen ohnehin schon für Eurowings. Um den Betrieb zu sichern, müssten diese Flugzeuge schnell auf Eurowings übergehen.

Kritik kommt aus Gewerkscha­ftskreisen. „Diese Ausschreib­ung ist eine Frechheit“, sagte Nicoley Baublies, Tarifvorst­and der Flugbeglei­tergewerks­chaft Ufo. „Anstatt die Kollegen gemeinsam zu übernehmen, will man nun gegenüber dem Einzelnen ein Tarifdikta­t durchsetze­n.“Lufthansa erklärte dagegen, bereits abgeschlos­sene Tarifvertr­äge anzuwenden. Berufserfa­hrung würde dabei beim künftigen Gehalt berücksich­tigt.

Die weiteren Einstellun­gen hängen nun davon ab, welche Teile von Air Berlin wirklich bei Lufthansa landen. Als gesetzt gilt, dass die Langstreck­enflotte von 17 Airbus A330 bei Eurowings unterkomme­n wird. Damit wäre klar, dass die Strecken von Düsseldorf nach Miami, New York oder Fort Myers künftig unter der Marke Eurowings verkauft werden. Für die Langstreck­e interessie­rt sich nur Eurowings, weil kein Wettbewerb­er genügend Zubringerf­lüge nach Düsseldorf und Berlin hat.

Um höhere Preise durchzuset­zen, lehnte der Gläubigera­usschuss gestern auch erst einmal einen vorzeitige­n Verkauf von Niki ab. Die Linie ist auch in Düsseldorf bei Ferienflüg­en nach Mallorca aktiv und gilt als sehr profitabel. Lufthansa und Eurowings werden aus Rücksicht auf das Kartellamt wohl nur einen Teil der Kurzstreck­enflüge von Air Berlin übernehmen. Deshalb ist es möglich, dass Easyjet hier einspringt.

In Berlin ist Europas zweitgrößt­er Billigflie­ger schon aktiv und will expandiere­n, Düsseldorf würde ideal in die Strategie von Easyjet passen, wichtige Großstädte in Europa im Punkt-zu-Punkt-Verkehr zu verbinden. „Easyjet hat ein hohes Interesse an Düsseldorf“, sagte ein Branchenke­nner.

Ein anderer Interessen­t für Firmenteil­e von Air Berlin ist laut Insiderinf­os Condor. Der Ferienflie­ger könnte gerade viele Europastre­cken gut integriere­n, aber auch einige Langstreck­en könnten passen. Leitartike­l Seite A2 Wirtschaft Seite B 1

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