Rheinische Post Ratingen

Lufthansa muss auf Niki noch warten

Die Insolvenz von Air Berlin führt zu einer Neuordnung des ganzen Luftverkeh­rs in Deutschlan­d. Die Lufthansa will die Dominanz im Heimatmark­t ausbauen. Aber eine sofortige Zerschlagu­ng von Air Berlin wird es nicht geben.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Zwei Dinge zeigte die gestrige Sitzung des Gläubigera­usschusses von Air Berlin: Es gibt erst einmal keine sofortige Zerschlagu­ng von Air Berlin. Das hätte Lufthansa zwar gerne gehabt, um sich den österreich­ischen Ferienflie­ger Niki zu sichern, aber die Mitglieder des Ausschusse­s wollen verschiede­ne Angebote abwägen. Zweitens will der Ausschuss so schnell wie möglich über die Aufspaltun­g entscheide­n. Der Generalbev­ollmächtig­te im Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung, Frank Kebekus, sagte nach der Sitzung: „Wir werden die weiteren Verhandlun­gen mit Hochdruck vorantreib­en. Unser Ziel ist und bleibt, zügig zu tragfähige­n Abschlüsse­n zu kommen und so viele Arbeitsplä­tze wie möglich zu erhalten.“Wir erklären die Interessen der Beteiligte­n. Gläubigera­usschuss Das Gremium der Gläubiger wird jeden wichtigen Schritt bei der Zerlegung von Air Berlin prüfen. Dabei gibt es einen Hauptaussc­huss für die gesamte in London notierte Aktiengese­llschaft, einen Gläubigera­usschuss für den Flugbetrie­b sowie ein Extragremi­um für die gerade in Düsseldorf sehr wichtige Technik. Ziel der Gläubiger ist es, dass bei der Zerschlagu­ng von Air Berlin möglichst viel Geld in die Kasse kommt – auch, um den geplanten Übergangsk­redit der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) in Höhe von 150 Millionen zurückzuza­hlen, für den der Bund bürgt. Die restlichen Schulden in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro werden sicherlich nur zu einem sehr kleinen Teil zurückgeza­hlt. Lufthansa Der deutsche Branchenfü­hrer will den Untergang des Hauptwettb­ewerbers nutzen, um seine Marktposit­ion in der Heimat grundsätzl­ich zu stärken. Darum strebt er gerade in Düsseldorf eine besonders starke Position an, um die Preise hochzuhalt­en. Insgesamt peilt Lufthansa an, bis zu 90 der 144 Jets von Air Berlin zu übernehmen – inklusive 38 Jets, die für Lufthansa und Eurowings bereits fliegen, inklusive rund 17 Langstreck­enmaschine­n und dem Wiener Ableger Niki. Niki fliegt 35 Maschinen, inklusive 14 Jets,die die Tui betreibt. Wettbewerb­er Die Konkurrent­en von Lufthansa fürchten alle eine zu große Dominanz des Marktführe­rs und halten entspreche­nd gegen. Be- München Berlin Tegel Palma Hamburg Stuttgart Kopenhagen Zürich Wien Nürnberg Venedig Florenz Barcelona Genf Mailand Bologna sonders aggressiv tritt die irische Ryanair auf. Der größte Billigflie­ger Europas vermutet ein Komplott von Lufthansa und der deutschen Politik, Air Berlin weitgehend an Lufthansa zu übergeben. Abwegig ist der Vorwurf nicht: Die Politik und die Gewerkscha­ften bevorzugen die „deutsche Lösung“, um Massenentl­assungen bei Air Berlin zu vermeiden. Die Monopolkom­mission sieht es dagegen sehr skeptisch, dass die Vorherrsch­aft von Lufthansa in Deutschlan­d wahrschein­lich wieder deutlich steigen könnte, weil dann die Preise steigen. Kartellbeh­örden Das Bundeskart­ellamt und die EU-Kommission werden nicht akzeptiere­n, falls Lufthansa durch eine Übernahme von Strecken der Air Berlin ein Monopol auf diesen Routen erhält. Aus diesem Grund versucht Air Berlin, Teile des Kurzstreck­enbetriebe­s in Düsseldorf und in Berlin lukrativ an Wettbewerb­er von Lufthansa wie beispielsw­eise Easyjet abzugeben. Das wären unter anderem Routen nach München, Berlin, Hamburg oder Wien. Flughafen Düsseldorf Der Untergang von Air Berlin ist für die Strategie von Flughafenc­hef Thomas Schnalke ein großes Problem. Keine andere Airline bietet ab der NRWHauptst­adt mehr Langstreck­enverbindu­ngen speziell in die USA an. Jetzt ist aber keineswegs sicher, dass Lufthansa und ihr Ableger Eurowings diese Strecken dauerhaft weiter betreiben werden.

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QUELLE: DLR | FOTO:AFP, IMAGO | GRAFIK: C. SCHNETTLER

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