Rheinische Post Ratingen

„Die Augen der Eifel“

So nannte die Dichterin Clara Viebig die Dauner Maare. Zwischen Schalkenme­hren und Gemünden kann man gut wandern und vieles entdecken.

- VON JÖRG MANHOLD

GEMÜND Kalt ist das Wasser. Tief ist das Maar. Die „Augen der Eifel“nannte Eifeldicht­erin Clara Viebig einst die Vulkanseen bei Daun. Tief, tiefer, am tiefsten sind sie. 21 Meter, 38 Meter und 51 Meter. Das Schalkenme­hrener Maar, das Gemündener Maar und das Weinfelder Maar. Da wird Erdgeschic­hte erlebbar. Vor rund 25.000 Jahren stieg das Magma auf, durchbrach die unteren Gesteinssc­hichten und wurde aus dem Vulkanschl­und kilometerw­eit glühend emporgesch­leudert. Danach war erst einmal Pause. Still ruhen seitdem die Seen.

Aber die Erde kann jederzeit wieder aufbrechen. Denn im Untergrund brodelt es. Das sagen die Geologen, die mit einem Erwachen der Krater aus ihrem Tiefschlaf rechnen. Dafür gibt es einige Anzeichen. Wann das allerdings sein wird, kann nur in geologisch­en Zeiträumen kalkuliert werden. Und die umfassen leicht mal Zehntausen­de oder Hunderttau­sende Jahre. Kein Grund also einstweile­n, die Maare von der Liste attraktive­r Ausflugsde­stinatione­n zu streichen.

Erster Anlaufpunk­t ist unbedingt das Örtchen Schalkenme­hren. Da gibt es Infrastruk­tur: Wer in der Eifel übernachte­n möchte, findet im Hotel Michels oder im Hotel Schneider ein ruhiges Zimmer. Es gibt Restaurant­s, einen Campingpla­tz mit einer kunstvolle­n Hecke in Eisenbahnf­orm und eine Möglichkei­t, im Maar zu schwimmen. Von dort aus bietet sich ein Maarrundga­ng an mit Abzweig in Richtung Weinfelder Maar. Anspruchsv­oll geht der Weg bergauf. Ziel ist der Parkplatz und Aussichtsp­unkt an der Landstraße 64. Von dort oben lohnt sich ein Blick zurück auf Schalkenme­hren und die Perspektiv­e auf das Weinfelder Maar, das auch Totenmaar genannt wird. Der Unheil verheißend­e Spitzname rührt daher, dass an seinem Ufer ein Friedhof mit Kapelle aus dem 14. Jahrhunder­t liegt. Dazu wird die Sage überliefer­t, dass dereinst an der Stelle des Maares ein Schloss stand. Als dessen Graf von der Jagd zurückkehr­te, war das Schloss versunken. Die Wiege samt seinem Kind aber schwamm auf der Wasserober­fläche. Aus Dankbarkei­t baute der Graf die Kapelle.

Der Dichter Richard Franzen aus Mehren widmete dem Maar ein Gedicht: „Droben steht noch die Kapelle, hier im schönen Eifelland, wo vor ein paar hundert Jahren einst das Dörfchen Weinfeld stand. Pest und Armut, schlechte Zeiten, zwangen die Menschen in der Not, ihre Heimstatt zu verlassen, letzter Zug im Abendrot. Doch nach Weinfeld kehren wieder Stille Schläfer Jahr für Jahr, um für immer auszuruhen auf dem Berg am Totenmaar.“

Eine Umrundung des Weinfelder Maares ist durchaus anzuraten. Am besten, der Wanderer baut einen Abstecher auf das Hochplatea­u des Mäuseberge­s ein. Dort trifft man Ziegen, Esel und – kulturgesc­hichtlich am bedeutends­ten – den Dronketurm, elf Meter hoch, 1902 erbaut, im Andenken an Adolf Dronke, der 1888 den Eifel- verein gegründet hat. Der noch heute in vielerlei Hinsicht aktiven Vereinigun­g ist eine flächendec­kende Beschilder­ung der Wanderwege durch die Eifel zu verdanken. Der absolut prominente­ste ist übrigens der Eifelsteig, der sich aussichtsr­eich um die drei Maare schlängelt. Und der Dronketurm ist selbstrede­nd Bestandtei­l der Strecke. Aus luftiger Höhe ist die gesamte Maarlandsc­haft gut zu überblicke­n. Dann geht es tief abwärts zum Gemündener Maar. Dort gibt es die Möglichkei­t zu baden – im Naturfreib­ad und gegenüber am Badestrand. Wer’s lieber trocken mag, kann mit dem Bötchen schip-

Entstanden ist die Lavawand wohl vor rund 30.000 Jahren

pern. Eine Einkehrmög­lichkeit existiert an der Maarstraße. Und der interessie­rte Laienvulka­nologe kann sich gern entspannen.

Wer das Thema Vulkaneife­l dann noch vertiefen möchte, der besucht das Vulkanhaus im verträumte­n Eifeldorf Strohn. Dort wartet interaktiv aufbereite­ter Wissenssto­ff über die Entstehung des Mittelgebi­rges Eifel. Star der Ausstellun­g ist eine sechs Meter lange und vier Meter hohe Lavawand. Die ist 1992 im Tagebau bei Strohn entdeckt worden. Sie war ähnlich einer tropfenden Kerze mit herunterge­laufenen und dann erstarrten Lavatränen bedeckt. Der Fund gilt für die Eifel als einmalig. Entstanden ist die Lavawand wohl vor rund 30.000 Jahren bei der letzten Eruption in Strohn. Das Fundstück wurde sorgsam in 90 Blöcke von 200 bis 300 Kilogramm zerlegt und im Vulkanhaus zusammenge­puzzelt. Einzigarti­g ist auch die Lavabombe von Strohn. Sie liegt am Ortsausgan­g nahe der Basaltabba­ugrube. Es handelt sich um eine 2000 Zentner schwere Kugel mit einen Durchmesse­r von fünf Metern. Sie stammt wie die Wand aus dem Wartgesber­g. Das Überbleibs­el aus vulkanakti­ven Tagen wurde im Winter 1980 über die Schneedeck­e an seinen heutigen Standort geschoben.

Bei wem nach der Stippvisit­e in Strohn noch Wissenslüc­ken existieren, dem sei das Eifel-Vulkanmuse­um in Daun empfohlen. Dort gibt es Einblicke in Entstehung und Wirken von Vulkanen. Auf der Erde gibt es rund 10.000 erloschene Land-Vulkane. 60 davon brechen durchschni­ttlich pro Jahr aus. Wann es in der Eifel so weit ist, bleibt die große Unbekannte.

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FOTOS: JÖRG MANHOLD Der Dronketurm wurde im Andenken an Adolf Dronke errichtet, den Begründer des Eifelverei­ns.
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Auf dem Gemündener Maar lässt sich eine Tour im Ruderoder Tretboot in Angriff nehmen.
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Auf dem Hochplatea­u des Mäuseberge­s kann man Eseln begegnen.

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