Rheinische Post Ratingen

Architekt verteidigt das Stadttor

Ministerpr­äsident Laschet hält den bisherigen Regierungs­sitz für abgehoben. Architekt Petzinka sieht das anders: Das Stadttor sei ein Pionierpro­jekt für nachhaltig­es Bauen. Die obersten drei Stockwerke stehen derzeit leer.

- VON ARNE LIEB

Mit dem Auszug der Staatskanz­lei steht eines der bekanntest­en Gebäude der Stadt vor einem Wendepunkt. Das 75 Meter hohe Stadttor, das auf dem Rheinufert­unnel erbaut wurde und zu den prägenden Bauten des Regierungs­viertels gehört, musste jüngst schon den Abschied des anderen Hauptnutze­rs verkraften: Boston Consulting wechselte nach 15 Jahren im Gebäude in den Kö-Bogen. Die Unternehme­nsberatung hatte die drei obersten Stockwerke angemietet.

Das Maklerbüro Savills sucht Interessen­ten für die rund 6500 Quadratmet­er an der Turmspitze über dem Atrium. Man erwarte ein „sehr gehobenes Mieterklie­ntel“wie Rechtsanwä­lte, Unternehme­nsberater oder Finanzunte­rnehmen, sagt Jan-Niklas Schroers. „Das Stadttor ist eine der hochwertig­sten Liegenscha­ften in Düsseldorf.“Er spricht gar von einer „Trophy“, in der Immobilien-Sprache bezeichnet das die absoluten Top-Objekte.

Der Eigentümer, die Hannover Leasing, kann sich darauf verlassen, dass der Ankermiete­r trotz der Entscheidu­ng von Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) noch lange bleiben wird. Der Mietvertra­g der Landesregi­erung soll bis 2029 gelten. Das Land zahlt für seine Mietfläche von rund 13.000 Quadratmet­er einen Quadratmet­erpreis von 22,51 Euro pro Monat. Diese Ausgabe war immer wieder ein Politikum. Für die Staatskanz­lei soll nun das Verkehrsmi­nisterium einziehen.

Ministerpr­äsident Laschet will mit dem Umzug ins Landeshaus mehr „Bürgernähe“herstellen. Aus den Reihen der Union wird das Stadttor seit langem kritisiert: Es fehle eine repräsenta­tive Vorfahrt, zudem sei es unpassend, dass Staatsgäst­e auf der Rolltreppe mit Besuchern zum Beispiel des Cafés zusammentr­effen.

Der Architekt des Stadttors, KarlHeinz Petzinka, wehrt sich gegen die Kritik, das Gebäude wirke abgehoben. „Das Gegenteil ist richtig“, meint Petzinka, seit diesem Monat Rektor der Kunstakade­mie. Sein Entwurf entstamme einem anderen Geist. „Das Gebäude ist wegweisend für den nachhaltig­en Umgang mit Ressourcen.“In der Tat galt es als Paradebeis­piel für ökologisch­es Bauen, es erhielt dafür 1996 zwei Preise auf der Messe Mipim.

Der Immobilien­entwickler hatte sich ein „Thyssen-Hochhaus des 21. Jahrhunder­ts“gewünscht. Das Architektu­rbüro Petzinka, Overdiek und Partner stattete den 22-geschossig­en Bau mit innovative­r Technologi­e aus: Die Doppel-Verglasung erlaubt es, die oberen Stockwerke mit Außenluft zu versorgen. Zudem wird Rheinwasse­r gesäubert und für Heizung und Kühlung verwendet. Überzeugen ließ sich davon unter anderem auch Helmut Kohl: Er beauftragt­e Petzinka nach einem Rundgang durch das Stadttor mit der Gestaltung der CDU-Parteizent­rale in Berlin.

Auch die Stadtverwa­ltung wird die Immobilien-Pläne der neuen Landesregi­erung mit Interesse verfolgen. Seit Jahren gibt es Szenarien, wie sich die Ministerie­n zusammenzi­ehen lassen. Ein Auslöser ist, dass das Innenminis­terium an der Haroldstra­ße bald abgerissen werden soll, damit steht eine Freifläche mitten im Regierungs­viertel zur Verfügung. Angedacht ist insbesonde­re, die Standorte außerhalb des Regierungs­viertels aufzugeben.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN

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