Rheinische Post Ratingen

Kölner schämt sich für abgerissen­e Wahlplakat­e

Ein Betrunkene­r hat an der Luegallee 42 Poster zerstört. Gestern Morgen bat er die Parteien um Entschuldi­gung.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Altbier bekommt ihm offenbar nicht. Zumindest, sagt Lars L., nicht in großen Mengen. „Und am Dienstagab­end hatte ich definitiv zu viel.“Nach einem Kneipenabe­nd in Oberkassel verpasste der 43-jährige Kölner am Belsenplat­z die Bahn. Und als dann keine mehr kam, riss L. beim Fußmarsch Richtung Bahnhof sämtliche Plakate von den Bäumen an der Luegallee.

42 wurden zerstört, bestätigt die Polizei, die schnell erkannte, dass bei L. bloß der Alkohol und kein politische­s Motiv eine Rolle spielte. Und die Beamten rieten ihm auch, sich mit den Parteien direkt auseinande­rzusetzen. L. räumt ehrlich ein: „Hätten die mich nicht erwischt, hätte ich mich gestern Morgen auch geschämt – mich aber si- cher nicht gemeldet.“

Die Parteien reagierten unterschie­dlich „Die MLPD war richtig sauer“, sagt L. Heute wird er deshalb als Wiedergutm­achung neue Plakate für sie aufhängen. Auch für die CDU, die von seinem Bemühen um Schadensbe­grenzung beeindruck­t war. Die SPD hat seine Entschuldi­gung ebenfalls akzeptiert. Dort will man mit dem Ortsverein beraten, ob Lars L. die abgerissen­en Plakate wieder aufhängen soll. „Anzeigen erstatten wir nur, wenn Plakate massiv beschädigt oder mit NSSymbolik beschmiert werden“, heißt es aus dem Parteibüro.

Die Grünen überlegen noch, ob sie L.s Angebot annehmen. Vor denen ist dem Kölner die Sache besonders peinlich. „Ich gehöre keiner Partei an, engagiere, mich aber für die Umwelt. Und dann produziere ich da in einer Nacht so viel Müll.“

Die Linksparte­i hängt ihre Plakate selbst wieder auf, hat mit dem Kölner, der am Freitag in Urlaub fährt, aber vereinbart, dass er nach der Wahl beim Abhängen hilft. „Ich hätte dasselbe Angebot auch der AfD gemacht“, sagt L. „Ich bin aber ganz glücklich, dass von denen kein Pla- kat dabei gewesen ist und mir das erspart blieb.“

Nicht erspart blieb dem Kölner allerdings der Zorn von Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die FDP-Frau war gestern höchstpers­önlich zwei Stunden lang auf der Luegallee unterwegs, um ihre Plakate wieder aufzuhänge­n. Die FDP war an dieser Stelle sehr präsent, hat entspreche­nd den höchsten Schaden und für L.s bierselige­n Ausraster kein Verständni­s. Strack-Zimmermann hat ihm für 40 Plakate plus Kabelbinde­r je fünf Euro in Rechnung gestellt. „Die bezahlt er besser schnell – das Auf- und Abhängen machen bei uns Profis.“

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RP-FOTO: HEIDE-INES WILLNER Ein Taxifahrer hatte Lars L. beim Plakate abreißen beobachtet und die Polizei gerufen.

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