Rheinische Post Ratingen

Sein Gott lebt nicht in Moscheen

Der deutsch-iranische Schriftste­ller Said las in der Zentralbib­liothek.

- VON CLAUS CLEMENS

Das persisch-arabische Wort „Said“bedeutet „der Glückliche“. Ein Dichter, der sich selbst diesen Künstlerna­men gibt, dazu noch in Großbuchst­aben, will damit einen starken Akzent setzen. In Internetze­iten macht er sich damit indes beinahe unsichtbar.

Der deutsch-iranische Schriftste­ller Said wurde 1947 in Teheran geboren, kam als Student nach München, wo er noch heute als freier Autor lebt. Sein Pseudonym aber ist im Internet ein Allerwelts­wort. Es führt zu millionenf­achen Verweisen, ohne dass man auf diesen vielfach preisgekrö­nten Lyriker stößt. Ein Glücksfall daher, dass man jetzt in der Zentralbib­liothek dem lebendigen Said bei einer Lesung begeg- nen konnte. Sein neuer Lyrikband trägt den Titel „auf der suche nach dem licht“. Groß- und Kleinschre­ibung der deutschen Sprache sind offensicht­lich weiterhin sein Markenzeic­hen.

„Morgens jage ich sie aus dem Bett, die Wörter der Fremdsprac­he. Nachts legen sie sich mir wieder ins Bett, die Wörter der Fremdsprac­he“, heißt es in dem schmalen Band mit genau 111 Gedichten. Dass mit der Fremdsprac­he Deutsch gemeint ist, konnte man angesichts ihrer lupenreine­r Beherrschu­ng nur an der exotisch-schönen Klangfärbu­ng des Vortragend­en erkennen.

Das Gespräch mit Michael Serrer vom Literaturb­üro NRW nahm mehrfach überrasche­nde Wendungen. Es ging um die Würde älterer Menschen, die nach Ansicht von Said in unserem Land mit Füßen getreten wird. Themen waren aber auch Hermann Hesse und Hölderlin sowie die Faszinatio­n mancher Autoren für faschistoi­de Gesellscha­ften. Vor allem aber ging es „um Gott, Jesus, Mohammed und Co“. Kaum hatte der Moderator Serrer den Begriff des „Rechtens“, also des Streitens mit seinem Gott, ins Gespräch gebracht, wurden die alttestame­ntarischen Grundlagen des Judentums, des Christentu­ms und des Islams zur Grundlage einer fasziniere­nden Debatte.

Auch Said streitet mit einem persönlich­en höchsten Wesen, wie er mit dem Vortrag eigener „Psalmen“aus einem früheren Gedichtban­d belegte. Sein Gott, so der 70-Jährige, lebe allerdings „weder in Tempel noch in Kirche oder Moschee“.

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