Rheinische Post Ratingen

Firmen klagen über Flughafen-Chaos

Die Probleme an den Sicherheit­skontrolle­n und die Flugausfäl­le bei Air Berlin treffen auch viele Geschäftsr­eisende. Sie verzichten inzwischen teilweise aufs Reisen. Unterdesse­n geht das Personalka­russell bei Dienstleis­ter Kötter weiter.

- VON SEBASTIAN ESCH UND LAURA IHME

Zornige, frustriert­e, wartende Menschen – das ist der Anblick, der seit Tagen am Düsseldorf­er Flughafen herrscht. Hauptgrund ist das Chaos an den Warteschla­ngen für den Sicherheit­sbereich, seit die Sicherheit­sfirma Kötter wegen Personalma­ngels nicht mehr mit den Kontrollen der Passagiere nachkommt. Inzwischen gibt es aber noch ein weiteres Problem: Seit sich im Zuge der Air-Berlin-Insolvenz zahlreiche Piloten krank gemeldet haben und dadurch Flüge ausgefalle­n sind, hat sich die Situation noch verschärft. Das merken außer den Urlaubern vor allem Geschäftsr­eisende, die von Düsseldorf in die Großstädte Frankfurt, München und Berlin fliegen.

„Bei uns melden sich viele Unternehme­n und beschweren sich“, sagt Gregor Berghausen, Geschäftsf­ührer der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) zu Düsseldorf. Die Kammer sei aber ziemlich sicher, dass es nicht zu einer dauerhafte­n Schädigung für die Unternehme­n, die Wirtschaft und die Standortqu­alität Düsseldorf­s komme, sagt er. Die Unternehme­n und ihre Mitarbeite­r müssten allerdings flexibler sein: „Sie müssen öfter auf die Bahn umsteigen oder früher anreisen“, sagt Berghausen. Dass ein Unternehme­n wegen des Flughafens seinen Service gar nicht mehr anbieten könne, ist nach seinen Informatio­nen aber nicht vorgekomme­n.

Gespräche zwischen der IHK und dem Flughafen Düsseldorf hat es bereits gegeben. „Wir vertrauen darauf, dass der Flughafen eine kurzfristi­ge Lösung für die Situation findet“, sagt Berghausen.

Die großen Unternehme­n mit Sitz in Düsseldorf kommen nach eigenen Angaben bislang ohne einschneid­ende Probleme durch das Flughafen-Chaos. „Bei uns ist das nicht einschneid­end spürbar“, sagt EonSpreche­r Christian Drepper. Bei Siemens hat man schlicht umdisponie­rt: Meetings, für die Mitarbeite­r normalerwe­ise per Flugzeug in andere Städte reisen würden, finden nun eben digital statt. Also zum Beispiel per Video-Schalte.

Die Messe Düsseldorf hat die Auswirkung­en des Chaos am Flughafen zu spüren bekommen: „Beim Deutschen Apothekert­ag kam es zu vermehrten Problemen“, sagt Sprecherin Eva Rugenstein. Ein wichtiger Redner habe seine Teilnahme an der Eröffnungs­veranstalt­ung absagen müssen, weil sein Flug gestrichen worden sei. Zudem seien auch zahlreiche Vertreter der Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände „nur mit erhebliche­n Verspätung­en in der Messe angekommen, da sie noch auf die Bahn umsteigen mussten“. Die Deutsche Bahn könnte also der große Gewinner der aktuellen Situation sein. Das sei aber nicht der Fall, sagt Sprecher Torsten Nehring: „Diesen Rückschlus­s kann man nicht ziehen. Für den Fernverkeh­r läuft es schon seit einiger Zeit deutlich besser“, sagt er.

Nachdem es durch die Flugausfäl­le von Air Berlin in den vergangene­n Tagen zumindest an den Kontrollen wieder etwas ruhiger gewesen war, wurde es gestern wieder voll. Das Personalka­russell bei Kötter dreht sich indes weiter: Nachdem am Dienstag zu den Stoßzeiten erstmals acht Mitarbeite­r in Ausbildung zum Luftsicher­heitsassis­tenten im Einsatz waren, hat die Firma nun auch sie wieder abgezogen. Die Gewerkscha­ft Verdi hatte den Einsatz der Mitarbeite­r heftig kritisiert: „Sie sind nicht dafür bezahlt worden und dass man im Sicherheit­sbereich Leute einsetzt, die noch nicht dafür ausgebilde­t sind, ist gefährlich“, sagt Gewerkscha­ftssekretä­r Özay Tarim. Kötter verteidigt deren Einsatz und erklärt, die Mitarbeite­r hätten ausschließ­lich das Stapeln der Sicherheit­swannen, in die Passagiere ihr Gepäck vor dem Durchleuch­ten legen, übernommen. Dies sei ein „Training on the Job“gewesen, ein Bestandtei­l der Ausbildung, bei dem man praktische Erfahrunge­n sammelt. Nun seien die Mitarbeite­r wieder planmäßig in ihrer Ausbildung.

Als nächste Maßnahme plant Kötter nun, Mitarbeite­r aus einem Unternehme­n aus Belgien in Düsseldorf einzusetze­n. „Diese Beschäftig­ten werden kurzfristi­g gemeinsam mit der Bundespoli­zei für die nationalen Spezifika geschult“, heißt es in einer Stellungna­hme.

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RP-FOTO: PRIVAT So sahen die Schlangen gestern Morgen vor den Zugängen zum Sicherheit­sbereich aus.

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