Rheinische Post Ratingen

Hausbesuch­e bei Künstlern der Stadt

Bei den „Kunstpunkt­en 2017“konnten Besucher im Oldtimer-Bus zu den offenen Ateliers fahren. Nächstes Wochenende geht es weiter.

- VON NATASCHA PLANKERMAN­N

Manchmal sind es Kleinigkei­ten, über die Künstler und ihre Besucher miteinande­r ins Gespräch kommen. In Atelier von Gisela Groener und Stephan Stüttgen ist es ein rundes Stück gesplitter­ten Glases, das aussieht wie ein Rad. Es hängt bescheiden an der Wand und erregt Aufmerksam­keit. „Der Sprung entstand, als mir etwas auf das Glas fiel“, erklärt Gisela Groener die Entstehung­sgeschicht­e des Werks. Ihre Bilder haben allerdings oft einen religiösen Hintergrun­d: In Blau ist etwa ein Dominikane­rmönch gemalt, er soll in einer Ausstellun­g zur 800-Jahresfeie­r des Ordens in Rom gezeigt werden.

Die Künstler nennen ihren Raum am Fürstenwal­l „Kleine Welt“– hier wollen sie nicht nur arbeiten, sondern sich mit anderen Menschen austausche­n. Über das Leben, über die Kunst, ganz im Sinne von Joseph Beuys, bei dem beide studiert haben. Die Gäste, die jetzt in diese Welt eingetauch­t sind, hat ein ungewöhnli­cher Bus gebracht: Der Mercedes O 3500 aus dem Jahr 1953 tourt wieder im Auftrag des Kulturamte­s an den zwei Wochenende­n der offenen Ateliers, Kunstpunkt­e genannt, durch die Stadt. An Bord sind 24 Mitfahrer und sie haben höchstens eine Viertelstu­nde Zeit, um sich mit den Gemälden, Skulpturen, Fotografie­n oder Objekten an einem bestimmten Kunstpunkt zu befassen. Sozusagen ein Intensivku­rs, den zwei Künstler schon während der Fahrt unterstütz­en, indem sie auf den Besuch bei ihren Kollegen vorbereite­n. Vor Ort ist der jeweilige Bildhauer oder Maler behilflich und stellt seine Werke kurz vor. Eine Wiederkehr (möglichst mit Kaufintere­sse) wird erhofft – entspreche­nd bekommt jeder Besucher Visitenkar­ten oder Flyer.

Entscheide­nd ist aber der kleine Rundgang durch die Arbeitsräu­me, die unterschie­dlicher nicht sein könnten: Aus der versteckt liegenden „Kleinen Welt“geht es in die lichten Ateliers im Salzmannba­u an der Himmelgeis­ter Straße, aus deren hohen Fenstern sich vielfach ein ungewohnte­r Blick über die Dächer Düsseldorf­s eröffnet.

Dort erzählt Edith Oellers in ihren Gemälden Geschichte­n von Szenen, die ihre Erinnerung beherrsche­n. So sind zum Beispiel vielschich­tige Stillleben entstanden, die nicht nur Blumen zu zeigen scheinen, sondern auf den zweiten Blick eine un- ruhige Menschenme­nge. Ihr Lebensgefä­hrte Jörg Eberhard hat parallel seine Bilder gehängt, in denen er etwa pflanzlich­e Elemente mit grafischen Mustern kombiniert – ein Spannungsf­eld, das man sich gern länger anschauen würde.

Und er erzählt den Gästen fröhlich auch Persönlich­es: So entstammt seine Partnerin Edith Oellers einer Künstlerfa­milie. Ihr Vater Günther Oellers war ein bekannter Bildhauer, an den eine Bronzestat­ue im Atelier erinnert, und die Tochter engagiert sich heute – sozusagen in der Nachfolge – im Verein Düsseldorf­er Künstler.

In den Ateliers von Christian Deckert und Norbert Mauritius im Nachbarhau­s riecht es nach Ölfarbe. „Damit male ich meine Landschaft­en und bin glücklich darüber – es funktionie­rt besser als mit Acrylfarbe“, erzählt Deckert, der an der Kunstakade­mie bei Professor Alfonso Hüppi studiert hat. Der Raum, in dem er arbeitet, wird beherrscht von der Farbe Grün. Und über die Bilder, die kleine, feine Wälder und Felder zeigen, hat der Maler unterschie­dlichste Kleiderbüg­el gehängt. „Es fehlte mir etwas im oberen Bereich und die Kleiderbüg­el erschienen mir dort richtig. Dabei denke ich an die Menschen, die sich sozusagen mit diesen Bügeln in die Landschaft hineinhäng­en“, erklärt der Maler.

Die Tour mit dem rumpelnden, knatternde­n Bus, den Gerd Adorf mit viel Geschick und Kraft durch den Verkehr manövriert, führt nun nach Unterbilk und in einen Hinterhof an der Gladbacher Straße. Die Gäste erklimmen schmale Metallstuf­en, um zu Anne-Katrin Puchner und Sigrid Redhardt zu gelangen. Beide befassen sich auf unterschie­dliche Weise mit dem Thema Collage: Sigrid Redhardt verwendet diese Technik, um nymphenhaf­te Schwimmeri­nnen mit dem grünblauem Wasser zu verbinden, in dem sie sich bewegen. Anne-Kathrin Puchner bringt mit Versatzstü­cken eher statisches Material wie Beton in Bewegung. Beeindruck­t lassen die Bus-Kunst-Touristen anschließe­nd ihre Fahrt Revue passieren – ein Gast aus München hat die dreistündi­ge Oldtimerbu­sfahrt als Entdeckung­sreise ins unbekannte Düsseldorf besonders genossen: Auf so kurzen Wegen zu freundlich­en, offenen Menschen zu gelangen, die ihre Kunst gern nahe bringen, das kennt er aus seiner Heimatstad­t nicht.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Besucher beim Zwischenst­opp im Kunstpunkt 53, Himmelgeis­ter Straße 107b: dem Atelier von Edith Oellers (3. v. L.) und Jörg Eberhard (2. v. L.)

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